00 06/04/2007 11:55
Kreuzerhöhung und Kreuzweg 2006
Das Kreuzzeichen, "Geheimnis von Tod und Herrlichkeit" und öffentliches Bekenntnis

Worte Benedikts XVI. am Fest der Kreuzerhöhung

ROM, 14. April 2006 (ZENIT.org).- Am heutigen Karfreitag um 15.00 Uhr gedenkt die Kirche weltweit des Sterbens Jesu Christi am Kreuz. Aus diesem Anlass wird in Rom nach der Gedächtnisfeier dieses Ereignisses der traditionelle Kreuzweg im Kolosseum gebetet werden (vgl. Betrachtungstexte 2006).

Seit dem Vollzug dieser geheimnisvollen Erlösungstat des Sohnes Gottes ist das Kreuzzeichen im Leben des Christen ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil und nach Worten Benedikts XVI. ein "sichtbares und öffentliches Ja".

Am Fest der Kreuzerhöhung (14. September) rief der Heilige Vater im vergangenen Jahr am Ende des "Jahres der Eucharistie" dazu auf, über die "tiefen und unauflöslichen Bande nachzudenken, die zwischen der Eucharistiefeier und dem Geheimnis des Kreuzes bestehen", und betonte: "Jede Heilige Messe setzt tatsächlich das Erlösungsopfer Christi gegenwärtig. Nach Golgota und zur 'Stunde' des Todes am Kreuz 'kehrt in geistlicher Weise jeder Priester zurück, der die heilige Messe feiert, und mit ihm die christliche Gemeinde, die daran teilnimmt'", sagte er mit Verweis auf ein Wort Johannes Pauls II. (vgl. Ezyklika "Ecclesia de Eucharistia", 4).

"Die Eucharistie ist somit Gedenken des gesamten Ostergeheimnisses: Passion, Tod, Abstieg in das Reich des Todes, Auferstehung und Himmelfahrt. Und das Kreuz ist der greifbare Ausdruck der unermesslichen Liebestat, durch die der Sohn Gottes den Menschen und die Welt von Sünde und Tod gerettet hat."

Gerade deshalb nannte der Papst das Kreuzzeichen "die grundlegende Geste im Gebet des Christen. Das Kreuzeichen zu machen bedeutet, ein sichtbares und öffentliches Ja zu dem zu sprechen, der für uns gestorben und auferstanden ist – zu diesem Gott, der in der Bescheidenheit und Schwachheit seiner Liebe allmächtig ist und stärker als jede irdische Macht und Intelligenz."

Kreuz und Eucharistie bezeichnete er beide als "Geheimnis von Tod und Herrlichkeit – kein vorübergehendes Ereignis, sondern der Durchgang, durch den Christus in seine Herrlichkeit gelangte (vgl. Lk 24,26) und die ganze Menschheit versöhnte, weil er jede Feindseligkeit überwunden hat. Deshalb lädt uns die Liturgie ein, mit vertrauensvoller Zuversicht zu beten: 'Mane nobiscum Domine!' Bleib bei uns, Herr, der du die Welt durch dein heiliges Kreuz erlöst hast!"

Da Maria auf dem Kalvarienberg unter dem Kreuz ausgeharrt hat, könne sie den Gläubigen wie niemand sonst helfen, "die Heilige Messe zu verstehen und sie mit lebendigem Glauben zu leben (…). Wenn wir die heilige Kommunion empfangen, umarmen wir – wie Maria und vereint mit ihr – das Holz, das Jesus durch seine Liebe in ein Heilsmittel verwandelt hat, und sprechen unser Amen, unser Ja, zur gekreuzigten und auferstandenen Liebe."


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Ansprache Benedikts XVI. zum Abschluss der Kreuzwegandacht im Kolosseum (Karfreitag 2006)

"Der Kreuzweg ist der Weg der Barmherzigkeit, die dem Bösen eine Grenze setzt"

ROM, 16. April 2006 (ZENIT.org).- Wir veröffentlichen jene Worte, die Papst Benedikt im Anschluss an die traditionelle Kreuzwegandacht am Karfreitag 2006 in Rom gesprochen hat.

Nach der Betrachtung der 14 Stationen des Leidens und Sterbens Jesu (vgl. (Betrachtungstexte von Erzbischof Angelo Comastri) betonte der Heilige Vater in seiner kurzen, ohne Text vorgetragenen Ansprache vor Zehntausenden von Gläubigen, dass wir keine unbeteiligten Zuschauer des Kreuzweges bleiben dürften. Vielmehr sei jeder Mensch eingeladen, "den Weg der Barmherzigkeit einzuschlagen und dem Bösen zusammen mit Jesus eine Grenze zu setzen".

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Liebe Brüder und Schwestern!

Wir haben Jesus auf dem Kreuzweg begleitet. Wir haben ihn hier auf der "Straße der Märtyrer" begleitet, im Kolosseum, wo so viele für Christus gelitten haben, wo so viele das Leben für den Herrn hingegeben haben – [wir haben gesehen,] wie der Herr selbst wieder in vielen gelitten hat. Und so haben wir verstanden, dass der Kreuzweg nicht etwas Vergangenes ist, das zu einem bestimmten Ort der Erde gehörte. Das Kreuz des Herrn umfasst die ganze Welt, sein Kreuzweg durchschreitet die Kontinente und alle Zeiten.

Auf dem Kreuzweg dürfen wir nicht nur Zuschauer bleiben. Wir sind mit hinein genommen und müssen unseren Platz suchen: Wo sind wir? Auf dem Kreuzweg kann man nicht neutral bleiben. Pilatus, der skeptische Intellektuelle, hat versucht, neutral zu sein, sich herauszuhalten – aber gerade dadurch hat er Stellung bezogen gegen die Gerechtigkeit, aus Konformismus seiner Karriere wegen.

Wir müssen unseren Platz suchen. Im Spiegel des Kreuzes haben wir alle Leiden der Menschheit von heute gesehen. Im Kreuz Christi haben wir heute das Leiden der im Stich gelassenen und missbrauchten Kinder gesehen, die Bedrohungen, denen die Familie ausgesetzt ist, die Spaltung der Welt in die Hochmut der Reichen, die Lazarus vor ihrer Tür nicht wahrnehmen, und in die Armut so vieler, die Hunger und Durst leiden.

Wir haben aber auch die Stationen der Tröstung gesehen. Wir haben die Mutter gesehen, deren Güte treu bis zum Tod über den Tod hinaus bestehen bleibt. Wir haben die mutige Frau gesehen, die vor dem Herrn steht und keine Angst hat, Solidarität mit diesem Leidenden zu zeigen. Wir haben Simon von Cyrene gesehen, einen Afrikaner, der mit Jesus das Kreuz trägt. Und schließlich haben wir in diesen Stationen der Tröstung erkannt, dass auf dieselbe Weise, wie das Leid kein Ende hat, auch diese Tröstungen kein Ende haben.

Wir haben gesehen, wie Paulus auf dem Weg des Kreuzes den Glaubenseifer entwickelt und das Licht der Liebe entzündet hat; wir haben gesehen, wie der heilige Augustinus, der heilige Franz von Assisi, der heilige Vinzenz, der heilige Maximilian Kolbe und wie Mutter Teresa von Kalkutta ihren Weg gefunden haben. Und so sind auch wir dazu eingeladen, unseren Ort zu finden; zusammen mit diesen großen, mutigen Heiligen den Weg mit Christus und für Christus zu finden – den Weg der Güte, der Wahrheit, des Mutes, der Liebe.

Und so haben wir verstanden, dass der Kreuzweg nicht einfach eine Zusammenstellung von düsteren und traurigen Dinge ist, die es in der Welt gibt. Genauso wenig ist er ein Moralismus, der am Ende unwirksam ist, und ebenso wenig ein Protestschrei, der nichts ändert. Der Kreuzweg ist der Weg der Barmherzigkeit – der Weg der Barmherzigkeit, die dem Bösen eine Grenze setzt, so haben wir es von Papst Johannes Paul II. gelernt. Er ist der Weg der Barmherzigkeit und damit der Weg des Heils. Und so sind wir eingeladen, den Weg der Barmherzigkeit einzuschlagen und dem Bösen zusammen mit Jesus eine Grenze zu setzen.

Beten wir zum Herrn, auf dass er uns helfen möge; auf dass er uns helfe, von seiner Barmherzigkeit angesteckt zu werden. Beten wir zur allerseligsten Gottesmutter Maria, der Mutter der Barmherzigkeit, dass auch wir Männer und Frauen der Barmherzigkeit sind und so zum Heil der Welt beitragen können, zum Heil des Menschen, der Gottes Geschöpf ist. Amen.

ZENIT-Übersetzung; © Copyright 2006 des italienischen Originals – Libreria Editrice Vaticana

[Modificato da @Andrea M.@ 06/04/2007 12.47]