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Osterfeierlichkeiten mit Benedikt XVI.

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    @Andrea M.@
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    Registrato il: 14/05/2006
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    00 06/04/2007 11:49
    Vorschau auf den Kreuzweg 2006
    Hier sollen alle Texte und auch Bilder erscheinen, die mit der Liturgie des Osterfestes im Zusammenhang stehen. Der Vollständigkeit halber beginne ich mit den Texten aus dem vergangenen Jahr:

    Kreuzweg im Kolosseum 2006

    Betrachtungstexte von Erzbischof Angelo Comastri, Generalvikar des Papstes für die Vatikanstadt

    ROM, 12. April 2006 (ZENIT.org).- Wir veröffentlichen den Kreuzweg, der am Karfreitag um 21.15 Uhr im römischen Kolosseum gebetet wird. Benedikt XVI. wird der traditionellen Andacht, an der jedes Jahr tausende Pilger aus aller Welt teilnehmen, vorstehen.

    Zentrales Thema der Betrachtungstexte, die Erzbischof Angelo Comastri, Generalvikar des Heiligen Vaters für die Vatikanstadt, verfasst hat, ist der Verlust des Sündenbewusstseins.

    Die Kreuzzweg-Texte 2005 wurden vom jetzigen Papst geschrieben, der damals noch Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre war.

    * * *

    BÜRO FÜR LITURGISCHE FEIERN MIT DEM HEILIGEN VATER

    KREUZWEG AM KOLOSSEUM

    UNTER DEM VORSITZ DES HEILIGEN VATERS BENEDIKT XVI.

    KARFREITAG 2006

    MEDITATIONEN UND GEBETE

    VON SEINER EXZELLENZ Msgr. ANGELO COMASTRI
    Generalvikar Seiner Heiligkeit für die Vatikanstadt
    Präsident der Fabbrica di San Pietro

    EINFÜHRUNG

    Einige Worte, die Dich auf dem Weg begleiten sollen

    Wenn wir den »Kreuzweg« gehen, werden wir von zwei Gewissheiten wie von einem Blitz getroffen: von der Gewissheit der zerstörerischen Macht der Sünde und von der Gewissheit der heilenden Macht der Liebe Gottes.

    Die zerstörerische Macht der Sünde: Unermüdlich wiederholt die Bibel, dass das Schlechte schlecht ist, weil es schadet; die Sünde ist nämlich selbstbestrafend, denn sie enthält die Strafe bereits in sich. Dazu einige erhellende Texte des Propheten Jeremia: „Sie liefen dem Nichtigen nach und wurden so selber zunichte“ (vgl. Jer 2, 5); „Dein böses Tun straft dich, deine Abtrünnigkeit klagt dich an. So erkenne doch und sieh ein, wie schlimm und bitter es ist, den Herrn, deinen Gott, zu verlassen und keine Furcht vor mir zu haben“ (Jer 2, 19); „Eure Frevel haben die Ordnung gestört, eure Sünden haben euch den Regen vorenthalten“ (Jer 5, 25).

    Und Jesaja bleibt nicht dahinter zurück: „Darum – so spricht der Heilige Israels: Weil ihr dieses Wort missachtet, weil ihr auf Ränke vertraut und euch auf das Falsche verlasst, darum wird eure Schuld für euch sein wie ein herabfallendes Bruchstück von einer hoch aufragenden Mauer, die dann plötzlich, urplötzlich einstürzt. Sie zerbricht wie der Krug eines Töpfers, den man ohne Erbarmen zerschlägt, so dass sich unter all den Stücken keine Scherbe mehr findet, mit der man Feuer vom Herd holen kann oder Wasser schöpfen aus der Zisterne“ (Jes 30, 12-14). Und indem er den aufrichtigeren Gefühlen des Gottesvolkes seine Stimme verleiht, ruft der Prophet aus: „Wie Unreines sind wir alle geworden, unsere ganze Gerechtigkeit ist wie ein schmutziges Kleid. Wie Laub sind wir alle verwelkt, unsere Schuld trägt uns fort wie der Wind“ (Jes 64, 5).

    Doch zugleich prangern die Propheten die Verhärtung des Herzens an, die eine schreckliche Blindheit verursacht und die Schwere der Sünde nicht mehr empfinden lässt. Hören wir Jeremia: „Sie sind doch alle, vom Kleinsten bis zum Größten, nur auf Gewinn aus; vom Propheten bis zum Priester betrügen sie alle. Den Schaden meines Volkes möchten sie leichthin heilen, indem sie rufen: Heil, Heil! Aber kein Heil ist da. Schämen müssten sie sich, weil sie Greuel verüben. Doch sie schämen sich nicht; Scham ist ihnen unbekannt“ (Jer 6, 13-15).

    Indem Jesus in diese von der Sünde verwüstete Geschichte eingetreten ist, hat er sich vom Gewicht und von der Gewalt unserer Sünden überfallen lassen: Aus diesem Grund wird einem im Blick auf Jesus deutlich spürbar, wie zerstörerisch die Sünde und wie krank die Menschheitsfamilie ist – das heißt wir! Du und ich!

    Doch – und das ist die zweite Gewissheit – Jesus hat auf unseren Hochmut mit Demut reagiert; auf unsere Gewalt hat er mit Sanftmut geantwortet und auf unseren Hass mit verzeihender Liebe: Das Kreuz ist das Ereignis, durch das die Liebe Gottes in unsere Geschichte eindringt, einem jeden von uns nahe kommt und zu einer heilenden und rettenden Erfahrung wird.

    Eine Tatsache kann uns nicht entgehen: Vom Anfang seines Wirkens an spricht Jesus von seiner „Stunde“ (Joh 2, 4), von einer Stunde, „für die er gekommen ist“ (vgl. Joh 12, 27), von einer Stunde, die er mit Freude begrüßt, wenn er zu Beginn seiner Passion ausruft: „Die Stunde ist da!“ (Joh 17, 1).

    Die Kirche hütet die Erinnerung an diese Tatsache mit Sorgfalt, und nachdem sie im Credo bekannt hat, dass Gottes Sohn Fleisch angenommen hat durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und Mensch geworden ist, fügt sie sofort hinzu: „Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus, hat gelitten und ist begraben worden.“

    Er wurde für uns gekreuzigt! Jesus hat sich im Sterben zutiefst in die dramatische Erfahrung des Todes hineinbegeben, so wie dieser durch unsere Sünden geschaffen wurde; doch sterbend hat er das Sterben angefüllt mit Liebe und es deshalb mit der Gegenwart Gottes erfüllt. Mit dem Tod Christi ist nun der Tod bezwungen, denn Christus hat in den Tod die Fülle gerade jener Kraft eingesenkt, die der Gegensatz zu der Sünde ist, die ihn verursacht hatte: Jesus hat ihn mit Liebe erfüllt!

    Durch den Glauben und die Taufe kommen wir mit dem Tod Christi in Berührung, das heißt mit dem Geheimnis der Liebe, mit der Christus ihn erfahren und besiegt hat… Und so beginnt der Weg unserer Rückkehr zu Gott, einer Rückkehr, die ihre Vollendung finden wird im Moment unseres eigenen Todes, den wir in und mit Christus erfahren, und das heißt: in Liebe!

    Wenn du den »Kreuzweg« gehst, lass dich von Maria an die Hand nehmen: Erbitte dir von ihr ein Quäntchen ihrer Demut und ihrer Verfügbarkeit, damit die Liebe des gekreuzigten Christus in dich eindringt und dein Herz wieder aufbaut nach dem Maß des Herzens Gottes.

    Gutes Vorankommen!

    + ANGELO COMASTRI


    * * *


    VORBEREITUNGSGEBET

    Der Heilige Vater:

    Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
    R. Amen.

    Herr Jesus,
    deine Passion
    ist die Geschichte der ganzen Menschheit:
    die Geschichte, in der die Guten gedemütigt werden,
    die Sanftmütigen … angegriffen,
    die Anständigen … mit Füßen getreten
    und die, welche ein reines Herz haben, spöttisch verlacht werden.

    Wer wird der Sieger sein?
    Wer wird das letzte Wort haben?

    Herr Jesus,
    wir glauben, dass Du das letzte Wort bist:
    In Dir haben die Guten schon gesiegt,
    in Dir haben die Sanftmütigen schon triumphiert,
    in Dir werden die Anständigen gekrönt
    und die, welche ein reines Herz haben, leuchten wie Sterne in der Nacht.
    Herr Jesus,
    heute Abend werden wir Deinen Kreuzweg nachgehen,
    und wir wissen, dass es auch unser Weg ist.
    Doch eine Gewissheit gibt uns Licht:
    Der Weg endet nicht am Kreuz,
    sondern er führt weiter,
    führt ins Reich des Lebens
    und in die Explosion der Freude,
    die uns niemand mehr nehmen kann!

    Lektor:

    O Jesus, nachdenklich halte ich inne
    zu Füßen Deines Kreuzes:
    Auch ich habe es gezimmert mit meinen Sünden!
    Deine Güte, die sich nicht verteidigt
    und sich kreuzigen lässt,
    ist ein Geheimnis, das mich überwältigt
    und mich zutiefst erschüttert.
    Herr, für mich bist Du in die Welt gekommen,
    um mich zu suchen, um mir zu bringen
    die Umarmung des Vaters:
    die Umarmung, die mir fehlt!

    Du bist das Angesicht der Güte
    und der Barmherzigkeit:
    Deshalb willst Du mich retten!

    In mir ist so viel Egoismus:
    Komm mit Deiner grenzenlosen Liebe!
    In mir ist Hochmut und Boshaftigkeit:
    Komm mit Deiner Milde und Deiner Demut!

    Herr, der zu rettende Sünder bin ich:
    Ich bin der verlorene Sohn, der zurückkehren muss!
    Herr, gewähre mir die Gabe der Tränen,
    um die Freiheit wiederzufinden und das Leben,
    den Frieden mit Dir und die Freude in Dir.

    Joh 16, 22; Mt 5, 12.
    Lk 15, 20.


    ERSTE STATION
    Jesus wird zum Tode verurteilt




    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus. 27, 22-23.26

    Chronist: Pilatus sagte zu ihnen:
    Lektor: »Was soll ich dann mit Jesus tun, den man den Messias nennt?«
    C. Da schrien sie alle:
    L. »Ans Kreuz mit ihm!«
    C. Er erwiderte:
    L. »Was für ein Verbrechen hat er denn begangen?«
    C. Da schrien sie noch lauter:
    L. »Ans Kreuz mit ihm!«
    C. Darauf ließ er Barabbas frei und gab den Befehl, Jesus zu geißeln und zu kreuzigen.

    BETRACHTUNG

    Diese Szene einer Verurteilung kennen wir gut:

    Es ist Tagesgeschehen!
    Doch eine Frage brennt uns auf der Seele:
    Warum ist es überhaupt möglich, Gott zu verurteilen?
    Warum zeigt Gott, der Allmächtige,
    sich im Gewand der Schwäche?
    Warum lässt Gott sich angreifen vom Hochmut, von der Anmaßung
    und von der Arroganz der Menschen?
    Warum schweigt Gott?

    Das Schweigen Gottes ist unsere Qual,
    ist unsere Prüfung!
    Doch es ist auch die Läuterung
    unserer Eile,
    es ist die Therapie gegen unsere Rachsucht.

    Das Schweigen Gottes
    ist der Boden, auf dem unser Hochmut stirbt
    und der wahre Glaube aufkeimt,
    der demütige Glaube,
    der Glaube, der Gott keine Fragen stellt,
    sondern sich ihm anheimgibt in kindlichem Vertrauen.

    GEBET

    Herr,
    wie leicht ist es, zu verurteilen!
    Wie leicht ist es, Steine zu werfen:
    die Steine des Urteils und der Verleumdung,
    die Steine der Gleichgültigkeit und des Sich-Abwendens!

    Herr, Du wolltest stehen
    auf der Seite der Besiegten,
    auf der Seite der Gedemütigten und der Verurteilten.

    Hilf uns, niemals zum Henker
    der wehrlosen Brüder zu werden,
    hilf uns, mutig Stellung zu nehmen, um die Schwachen zu verteidigen, hilf uns, das Wasser des Pilatus abzulehnen, denn es reinigt nicht die Hände, sondern beschmutzt sie mit unschuldigem Blut.
    Mt 25, 31-46.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis:
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Stabat Mater dolorosa,
    iuxta crucem lacrimosa,
    dum pendebat Filius.


    ZWEITE STATION
    Jesus nimmt das Kreuz auf sich



    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus. 27, 27-31

    C. Da nahmen die Soldaten des Statthalters Jesus, führten ihn in das Prätorium und versammelten die ganze Kohorte um ihn. Sie zogen ihn aus und legten ihm einen purpurroten Mantel um. Dann flochten sie einen Kranz aus Dornen; den setzten sie ihm auf und gaben ihm einen Stock in die rechte Hand. Sie fielen vor ihm auf die Knie und verhöhnten ihn, indem sie riefen:
    L. »Heil dir, König der Juden!«
    C. Und sie spuckten ihn an, nahmen ihm den Stock wieder weg und schlugen ihm damit auf den Kopf. Nachdem sie so ihren Spott mit ihm getrieben hatten, nahmen sie ihm den Mantel ab und zogen ihm seine eigenen Kleider wieder an. Dann führten sie ihn hinaus, um ihn zu kreuzigen.

    BETRACHTUNG

    In der Passion Christi hat sich der Hass ausgetobt,
    unser Hass, der Hass der ganzen Menschheit.
    In der Passion Christi
    hat unsere Schlechtigkeit reagiert auf die Güte,
    hat sich unser Hochmut gereizt entladen
    angesichts der Demut,
    fühlte sich unsere Verkommenheit beleidigt
    angesichts der strahlenden Lauterkeit Gottes!

    Und so sind wir … das Kreuz Gottes geworden!

    Wir, die wir uns töricht auflehnen,
    wir haben mit unseren widersinnigen Sünden
    das Kreuz unserer Ruhelosigkeit
    und unseres Unglücks gezimmert:
    Wir haben unsere Strafe geschaffen.

    Doch Gott nimmt das Kreuz auf die Schultern,
    unser Kreuz,
    und er fordert uns heraus mit der Macht seiner Liebe.

    Gott nimmt das Kreuz!
    Unergründliches Geheimnis der Güte!
    Geheimnis der Demut, das uns mit Scham darüber erfüllt,
    noch hochmütig zu sein!

    GEBET

    Herr Jesus,
    Du bist in die menschliche Geschichte eingetreten,
    und sie ist Dir feindselig begegnet, in Auflehnung gegen Gott,
    wahnsinnig geworden aufgrund des Hochmuts,
    der den Menschen glauben lässt,
    von großer Statur zu sein
    … wie sein Schatten!

    Herr Jesus,
    Du hast uns nicht angegriffen,
    sondern hast Dich angreifen lassen von uns,
    von mir, von einem jeden!

    Sorge für mich, Jesus, mit Deiner Geduld,
    heile mich mit Deiner Demut,
    gib mir die Statur des Geschöpfes zurück:
    meine Statur des Kleinen … von Dir unendlich Geliebten!

    Lk 22, 53.
    Joh 1, 10-11.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis:
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Cuius animam gementem,
    contristatam et dolentem
    pertransivit gladius.


    DRITTE STATION
    Jesus fällt zum ersten Male unter dem Kreuz



    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem Buch Jesaja. 53, 4-6

    C. Aber er hat unsere Krankheit getragen
    und unsere Schmerzen auf sich geladen.
    Wir meinten, er sei von Gott geschlagen,
    von ihm getroffen und gebeugt.
    Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen,
    wegen unserer Sünden zermalmt.
    Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm,
    durch seine Wunden sind wir geheilt.
    L. Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe,
    jeder ging für sich seinen Weg.
    Doch der Herr lud auf ihn
    die Schuld von uns allen.

    BETRACHTUNG

    Nach menschlichen Vorstellungen kann Gott nicht fallen,
    … und doch fällt er. Warum?
    Es kann kein Zeichen von Schwäche sein,
    sondern nur ein Zeichen von Liebe:
    eine Liebesbotschaft für uns.

    Indem er unter der Last des Kreuzes stürzt,
    erinnert Jesus uns daran, dass die Sünde belastet,
    die Sünde erniedrigt und zerstört,
    die Sünde bestraft und bewirkt Schlechtes:

    Darum ist die Sünde schlecht.

    Doch Gott liebt uns und will unser Bestes;
    und die Liebe drängt ihn, den Tauben zuzurufen,
    uns, die wir nicht hören wollen:
    „Verlasst die Sünde, denn sie schadet euch!
    Sie nimmt euch den Frieden und die Freude;
    sie trennt euch vom Leben und lässt in euch austrocknen
    die Quelle der Freiheit und der Würde.“

    Verlasst sie! Verlasst sie!

    GEBET

    Herr,
    wir haben das Empfinden für die Sünde verloren!
    Mit heimtückischer Propaganda verbreitet sich heute
    eine törichte Apologie des Schlechten,
    ein absurder Kult Satans,
    ein unsinniger Wille zur Übertretung,
    eine verlogene und haltlose Freiheit,
    welche die Laune, das Laster und den Egoismus verherrlicht
    und sie als Errungenschaften der Zivilisation hinstellt.

    Herr Jesus,
    öffne uns die Augen:
    Mach, dass wir den Schmutz sehen
    und ihn erkennen als das, was er ist,
    damit eine Träne der Reue
    wieder Sauberkeit in uns schaffe
    und den Raum einer wahren Freiheit.
    Öffne uns die Augen,
    Herr Jesus!

    Jer 2, 5. 19; 5, 25.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis:
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    O quam tristis et afflicta
    fuit illa benedicta
    mater Unigeniti!


    VIERTE STATION
    Jesus begegnet seiner Mutter



    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas. 2, 34-35. 51

    C. Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu:
    L. „Dieser ist dazu bestimmt, daß in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird. Dadurch sollen die Gedanken vieler Menschen offenbar werden. Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen.“
    C. Dann kehrte er mit ihnen nach Nazaret zurück und war ihnen gehorsam. Seine Mutter bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen.

    BETRACHTUNG

    Jede Mutter ist ein Sichtbarwerden von Liebe,
    ist Wohnstatt der Zärtlichkeit,
    ist Treue, die nicht verlässt,
    denn eine wahre Mutter liebt,
    auch wenn sie nicht geliebt wird.

    Maria ist die Mutter!
    In ihr ist das Weibliche ungetrübt,
    und die Liebe ist nicht verunreinigt durch Aufwallungen von Egoismus,
    die das Herz gefangen nehmen und blockieren.

    Maria ist die Mutter!
    Ihr Herz steht dem des Sohnes
    treu zur Seite
    und leidet und trägt das Kreuz


    und spürt im eigenen Leibe
    alle Wunden am Leib des Sohnes.

    Maria ist die Mutter!
    und sie bleibt Mutter:
    für uns, für immer!

    GEBET

    Herr Jesus,
    wir alle brauchen die Mutter!
    Wir brauchen eine Liebe,
    die wahrhaft ist und treu.
    Wir brauchen eine Liebe,
    die niemals strauchelt,
    eine Liebe, die sichere Zuflucht bietet
    für die Zeit der Angst,
    des Schmerzes und der Prüfung.

    Herr Jesus,
    wir brauchen Frauen,
    Bräute, Mütter,
    die den Menschen
    das schöne Gesicht der Menschheit zurückgeben.

    Herr Jesus,
    wir brauchen Maria:
    die Frau, die Braut, die Mutter,
    die die Liebe niemals verunstaltet und niemals verleugnet!

    Herr Jesus,
    wir bitten Dich für alle Frauen der Welt!

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis:
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Quae maerebat et dolebat
    pia mater, cum videbat
    Nati poenas incliti.


    FÜNFTE STATION
    Simon von Zyrene hilft Jesus das Kreuz tragen



    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus. 27, 32; 16, 24


    C. Auf dem Weg trafen sie einen Mann aus Zyrene namens Simon; ihn zwangen sie, Jesus das Kreuz zu tragen.
    C. Jesus sagte zu seinen Jüngern:
    L. „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“

    BETRACHTUNG

    Simon von Zyrene,
    du bist ein kleiner, ein armer,
    ein unbekannter Bauer,
    von dem die Geschichtsbücher nicht sprechen.

    Und doch machst du Geschichte!

    Du hast eines der schönsten Kapitel
    der Geschichte der Menschheit geschrieben:
    Du trägst das Kreuz eines Anderen,
    du hebst den schweren Balken auf
    und verhinderst, dass er das Opfer erdrückt.

    Du gibst jedem von uns die Würde zurück,
    indem du uns daran erinnerst, dass wir nur dann wir selbst sind,
    wenn wir nicht mehr an uns selber denken.

    Du erinnerst uns daran, dass Christus auf uns wartet
    auf der Straße, auf dem Treppenabsatz,
    im Krankenhaus, im Gefängnis …
    in den Randzonen unserer Städte.
    Christus wartet auf uns …!

    Werden wir ihn erkennen?
    Werden wir ihm helfen?
    Oder werden wir in unserem Egoismus sterben?

    GEBET

    Herr Jesus,
    die Liebe erlischt,
    und die Welt wird kalt,
    ungastlich, menschenfeindlich.
    Sprenge die Ketten, die uns hindern,
    den anderen entgegenzueilen.
    Hilf uns, uns selbst zu finden in der Nächstenliebe.

    Herr Jesus,
    der Wohlstand lässt uns unmenschlich werden,
    die Vergnügung ist zur Entfremdung, zur Droge geworden;
    und der monotone Werbespot dieser Gesellschaft
    ist die Einladung, im Egoismus zu sterben.

    Herr Jesus,
    entzünde in uns wieder den Funken der Menschlichkeit,
    die Gott uns am Anfang der Schöpfung ins Herz legte.
    Befreie uns von der Dekadenz des Egoismus,
    dann werden wir wieder Lebensfreude finden
    und die Lust, zu singen.

    Lk 9, 24.
    Mt 25, 40.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis:
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Quis est homo qui non fleret,
    matrem Christi si videret
    in tanto supplicio?


    SECHSTE STATION
    Veronika reicht Jesus das Schweißtuch



    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem Buch des Propheten Jesaja. 53, 2-3

    C. Er hatte keine schöne und edle Gestalt,
    so daß wir ihn anschauen mochten.
    Er sah nicht so aus, daß wir Gefallen fanden an ihm.
    Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden,
    ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut,
    wie einer, vor dem man das Gesicht verhüllt.

    Aus dem Buch der Psalmen. 42, 2-3

    L. Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser,
    so lechzt, Gott, meine Seele nach dir.
    Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott:
    Wann darf ich kommen und Gottes Antlitz schauen?

    BETRACHTUNG

    Das Angesicht Jesu ist schweißgebadet,
    es ist blutüberströmt,
    frech angespuckt, ist es mit Speichel überzogen.
    Wer wird den Mut haben, sich ihm zu nähern?

    Eine Frau!

    Eine Frau tritt offen hervor,
    lässt das Licht der Menschlichkeit leuchten

    …und trocknet das Angesicht:
    und entdeckt das Angesicht!

    Wie viele Menschen sind heute gesichtslos!
    Wie viele Menschen gedrängt
    an den Rand des Lebens,
    ins Exil der Verlassenheit,
    in die Gleichgültigkeit, die die Gleichgültigen tötet.

    Denn lebendig ist nur, wer vor Liebe brennt
    und sich beugt über Christus, der leidet
    und in den Leidenden wartet: heute!

    Ja, heute! Denn morgen wird es zu spät sein!

    GEBET

    Herr Jesus,
    ein Schritt genügte,
    und die Welt könnte sich ändern!

    Ein Schritt genügte,
    und in der Familie kehrte wieder Friede ein;
    ein Schritt genügte,
    und der Bettler wäre nicht mehr einsam;
    ein Schritt genügte,
    und der Kranke würde eine Hand spüren,
    die ihm die Hand hält,
    …um beide zu heilen.

    Ein Schritt genügte,
    und die Armen könnten sich zu Tisch setzen
    und die Traurigkeit verscheuchen von der Tafel der Egoisten,
    die für sich allein nicht feiern können.

    Herr Jesus,
    ein Schritt würde genügen!

    Hilf uns, ihn zu tun,
    denn in der Welt erschöpfen sich allmählich
    alle Reserven an Freude.
    Hilf uns, Herr!

    Mt 25, 11-13.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis:
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Quis non posset contristari,
    piam matrem contemplari
    dolentem cum Filio?


    SIEBTE STATION
    Jesus fällt zum zweiten Male unter dem Kreuz



    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem Buch des Propheten Jeremia. 12, 1

    C. Du bleibst im Recht, Herr,
    wenn ich mit dir streite;
    dennoch muss ich mit dir rechten.
    Warum haben die Frevler Erfolg?
    Weshalb können die Abtrünnigen sorglos sein?

    Aus dem Buch der Psalmen. 37, 1-2.10-11

    L. Errege dich nicht über die Bösen,
    wegen der Übeltäter ereifere dich nicht.
    Denn sie verwelken schnell wie das Gras,
    wie grünes Kraut verdorren sie.
    Eine Weile noch, und der Frevler ist nicht mehr da;
    schaust du nach seiner Wohnung – sie ist nicht mehr zu finden.
    Doch die Armen werden das Land bekommen,
    sie werden Glück in Fülle genießen.

    BETRACHTUNG

    Unsere Arroganz, unsere Gewalt, unsere Ungerechtigkeiten
    lasten auf Christi Leib.
    Sie wiegen schwer … und Christus fällt noch einmal,
    um uns das unerträgliche Gewicht
    unserer Sünde zu offenbaren.

    Doch was ist es, das heute in besonderer Weise
    den heiligen Leib Christi peinigt?

    Sicher ist ein schmerzliches Leiden Gottes
    der Angriff auf die Familie.
    Es scheint, als gebe es heute
    eine Art Anti-Genesis,
    einen Gegen-Entwurf, einen diabolischen Hochmut,
    der die Familie abschaffen will.

    Der Mensch möchte die Familie neu erfinden,
    die Grammatik des Lebens selbst,
    von Gott so ersonnen und gewollt, möchte er verändern.

    Doch sich an Gottes Stelle zu setzen, ohne Gott zu sein,
    ist die dümmste Arroganz,
    ist das gefährlichste Abenteuer.

    Der Sturz Christi öffne uns die Augen
    und lasse uns wieder das schöne Gesicht,
    das wahre Gesicht, das heilige Gesicht der Familie sehen.
    Das Gesicht der Familie
    deren wir alle bedürfen.

    GEBET

    Herr Jesus,
    die Familie ist ein Traum Gottes,
    der Menschheit übergeben;
    die Familie ist ein Funke des Himmels,
    mit der Menschheit geteilt;
    die Familie ist die Wiege, in die wir hineingeboren wurden
    und in der wir in der Liebe immer wieder neu geboren werden.

    Herr Jesus,
    tritt in unsere Häuser ein
    und stimme das Lied des Lebens an.
    Entzünde wieder das Licht der Liebe
    und lass uns empfinden, wie schön es ist,
    aneinander gebunden zu sein
    in einer Umarmung des Lebens:
    das vom Atem Gottes selbst gespeiste Leben,
    der Atem des Liebe-Gottes.

    Herr Jesus,
    rette die Familie,
    damit das Leben gesichert sei!
    Herr Jesus,
    rette meine,
    rette unsere Familie!

    Gen 1, 27; 2, 24.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Pro peccatis suæ gentis
    vidit Iesum in tormentis
    et flagellis subditum.


    ACHTE STATION
    Jesus begegnet den Frauen von Jerusalem



    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem Evangelium nach Lukas. 23, 27-29,31

    C. Es folgte eine große Menschenmenge, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten. Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte:
    L. „Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder! Denn es kommen Tage, da wird man sagen: Wohl den Frauen, die unfruchtbar sind, die nicht geboren und nicht gestillt haben…
    Denn wenn das mit dem grünen Holz geschieht, was wird dann erst mit dem dürren werden?“

    BETRACHTUNG

    Das Weinen der Mütter von Jerusalem
    überflutet den Weg des Verurteilten mit Mitleid,
    dämpft die Grausamkeit einer Todesstrafe
    und erinnert uns daran, dass wir alle Kinder sind:
    Kinder, die aus der Umarmung einer Mutter kommen.

    Doch das Weinen der Mütter von Jerusalem
    ist nur ein kleiner Tropfen
    in dem Strom all der Tränen, die Mütter vergossen haben:
    Mütter von Gekreuzigten, Mütter von Mördern,
    Mütter von Drogensüchtigen, Mütter von Terroristen,
    Mütter von Vergewaltigern, Mütter von Wahnsinnigen:
    … immer jedoch Mütter!

    Aber Weinen genügt nicht.
    Das Weinen muss überströmen in Liebe, die erzieht,
    in Stärke, die führt, in Strenge, die zurechtweist,
    in Dialog, der aufbaut, in Gegenwart, die redet!

    Das Weinen muss weiteres Weinen verhindern!

    GEBET

    Herr Jesus,
    Du kennst das Weinen der Mütter,
    Du siehst in jedem Haus den Winkel des Schmerzes,
    Du hörst das stille Seufzen
    so vieler Mütter, die von ihren Kindern verletzt wurden,
    tödlich verletzt … und weiterleben!

    Herr Jesus,
    löse die Gerinnsel der Härte,
    die den Kreislauf der Liebe
    in den Adern unserer Familien behindern.
    Gib, dass wir uns noch einmal als Sohn oder Tochter empfinden,
    damit wir unseren Müttern
    – auf Erden und im Himmel –
    den Stolz schenken, uns geboren zu haben,
    und die Freude,
    den Tag unserer Geburt preisen zu können.

    Herr Jesus,
    trockne die Tränen der Mütter,
    damit das Lächeln wiederkehre auf den Gesichtern der Kinder,
    auf den Gesichtern aller.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Tui Nati vulnerati,
    tam dignati pro me pati
    poenas mecum divide.


    NEUNTE STATION
    Jesus fällt zum dritten Male unter dem Kreuz



    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem Buch des Propheten Habakuk. 1, 12-13; 2, 2-3

    C. Herr, bist nicht du von Ewigkeit her
    mein heiliger Gott?
    Deine Augen sind zu rein,
    um Böses mit anzusehen,
    du kannst der Unterdrückung nicht zusehen.
    Warum siehst du also den Treulosen zu und schweigst,
    wenn der Ruchlose den Gerechten verschlingt?
    L. „Schreib nieder, was du siehst,
    schreib es deutlich auf die Tafeln,
    damit man es mühelos lesen kann.
    Denn erst zu der bestimmten Zeit trifft ein, was du siehst;
    aber es drängt zum Ende und ist keine Täuschung;
    wenn es sich verzögert, so warte darauf;
    denn es kommt, es kommt und bleibt nicht aus.“

    BETRACHTUNG

    Pascal hat scharfsinnig bemerkt:
    „Bis zum Ende der Welt wird Jesus in Agonie sein;
    in dieser Zeit darf man nicht schlafen.“

    Doch wo ringt Jesus in dieser Zeit mit dem Tode?

    Die Teilung der Welt in Zonen des Wohlstands
    und Zonen des Elends … ist die Agonie Christi heute.
    Tatsächlich besteht die Welt aus zwei Zimmern:
    In dem einen verschwendet man,
    und in dem anderen verendet man;
    in dem einen stirbt man am Überfluss,
    und in dem anderen stirbt man vor Elend;
    in dem einen fürchtet man die Fettleibigkeit,
    und in dem anderen fleht man um Nächstenliebe.

    Warum öffnen wir nicht eine Tür?
    Warum bilden wir nicht eine einzige Mahlgemeinschaft?
    Warum begreifen wir nicht, dass die Armen
    die Therapie sind für die Reichen?
    Warum? Warum? Warum sind wir so blind?

    GEBET

    Herr Jesus,
    den Menschen, der für das Horten lebt,
    hast Du einen Narren genannt!

    Ja, töricht ist, wer meint,
    etwas zu besitzen,
    denn nur Einer ist der Besitzer
    der Welt.

    Herr Jesus,
    die Welt gehört Dir, Dir allein.
    Und Du hast sie allen geschenkt,
    damit die Erde ein Haus sei,
    das alle nährt und alle beschützt.

    Darum ist Horten Stehlen,
    wenn die unnötige Anhäufung
    andere hindert zu leben.

    Herr Jesus,
    lass den Skandal enden,
    der die Welt teilt
    in Villen und Baracken.
    Herr, erziehe uns wieder zur Brüderlichkeit!

    B. Pascal, Pensées, Nr. 553 (Brunschvicg)
    Lk 12, 20.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Eia, mater, fons amoris,
    me sentire vim doloris
    fac, ut tecum lugeam.


    ZEHNTE STATION
    Die Soldaten teilen sich die Kleider Jesu



    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem Evangelium nach Johannes. 19, 23-24

    C. Nachdem die Soldaten Jesus ans Kreuz geschlagen hatten, nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile daraus, für jeden Soldaten einen. Sie nahmen auch sein Untergewand, das von oben her ganz durchgewebt und ohne Naht war. Sie sagten zueinander:
    L. „Wir wollen es nicht zerteilen, sondern darum losen, wem es gehören soll.“
    C. So sollte sich das Schriftwort erfüllen: Sie verteilten meine Kleider unter sich und warfen das Los um ein Gewand.

    BETRACHTUNG

    Die Soldaten nehmen Jesus das Untergewand weg
    mit der Gewalt der Diebe
    und versuchen,
    ihn auch seines Schamgefühls und seiner Würde zu berauben.

    Doch Jesus ist die Scham, Jesus ist die Würde
    des Menschen und seines Leibes.

    Und der gedemütigte Leib Christi
    wird zur Anklage aller Demütigungen
    des menschlichen Leibes,
    der von Gott geschaffen ist als Ausdruck der Seele
    und als Sprache, um die Liebe kundzutun.

    Heute aber wird der Leib häufig verkauft und gekauft
    auf den Gehsteigen der Städte,
    auf den Gehsteigen des Fernsehens,
    in den Häusern, die zu Gehsteigen geworden sind.

    Wann werden wir begreifen, dass wir dabei sind, die Liebe zu töten?
    Wann werden wir begreifen, dass ohne Reinheit
    der Leib nicht lebt, noch Leben zeugen kann?

    GEBET

    Herr Jesus,
    auf verschlagene Weise ist über die Reinheit
    ein allgemeines Schweigen verhängt worden: ein unreines Schweigen!
    Es hat sich sogar die Überzeugung verbreitet
    – eine ganz und gar verlogene Überzeugung! –
    dass die Reinheit Feindin der Liebe sei.

    Das Gegenteil ist wahr, o Herr!
    Die Reinheit ist die unerlässliche Bedingung,
    um lieben zu können:
    um wirklich zu lieben, um treu zu lieben.

    Im übrigen, Herr,
    wenn einer nicht Herr seiner selbst ist,
    wie kann er sich dann verschenken?

    Nur wer rein ist, kann lieben;
    nur wer rein ist, kann lieben, ohne zu beschmutzen.

    Herr Jesus,
    durch die Macht Deines für uns vergossenen Blutes
    schenke uns reine Herzen,
    damit in der Welt die Liebe wieder erstehe,
    die Liebe, nach der wir alle solche Sehnsucht haben.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.


    Fac ut ardeat cor meum
    in amando Christum Deum,
    ut sibi complaceam.


    ELFTE STATION
    Jesus wird ans Kreuz genagelt



    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus. 27, 35-42

    C. Nachdem sie ihn gekreuzigt hatten, warfen sie das Los und verteilten seine Kleider unter sich. Dann setzten sie sich nieder und bewachten ihn. Über seinem Kopf hatten sie eine Aufschrift angebracht, die seine Schuld angab: Das ist Jesus, der König der Juden.
    Zusammen mit ihm wurden zwei Räuber gekreuzigt, der eine rechts von ihm, der andere links. Die Leute, die vorbeikamen, verhöhnten ihn, schüttelten den Kopf und sagten:
    L. „Du willst den Tempel niederreißen und in drei Tagen wieder aufbauen? Wenn du Gottes Sohn bist, hilf dir selbst und steig herab vom Kreuz!“
    C. Auch die Hohenpriester, die Schriftgelehrten und die Ältesten verhöhnten ihn und sagten:
    L. „Anderen hat er geholfen, sich selbst kann er nicht helfen. Er ist doch der König von Israel! Er soll vom Kreuz herabsteigen, dann werden wir an ihn glauben.“

    BETRACHTUNG

    Die Hände, die alle gesegnet haben,
    sind nun ans Kreuz genagelt,
    die Füße, die so viel gegangen sind,
    um Hoffnung und Liebe auszustreuen,
    sind nun an den Kreuzesstamm geheftet.

    Warum, o Herr?
    Aus Liebe!

    Warum die Passion?
    Aus Liebe!

    Warum das Kreuz?
    Aus Liebe!

    Warum, o Herr, bist Du nicht vom Kreuz herabgestiegen
    und hast auf unsere Provokationen reagiert?
    Ich bin nicht vom Kreuz herabgestiegen,
    weil ich sonst die Gewalt anerkannt hätte
    als Herrin der Welt, während die Liebe die einzige Gewalt ist,
    die die Welt verändern kann.

    Warum, o Herr, dieser erdrückend hohe Preis?
    Um euch zu sagen, dass Gott Liebe ist,
    unendliche Liebe, allmächtige Liebe.
    Werdet ihr mir glauben?

    GEBET

    Gekreuzigter Jesus,
    alle können uns betrügen,
    verlassen, enttäuschen:
    Du allein wirst uns niemals enttäuschen!
    Du hast zugelassen, dass unsere Hände
    Dich grausam ans Kreuz nagelten,
    um uns zu sagen, dass Deine Liebe wahr ist,
    aufrichtig, treu und unwiderruflich.

    Gekreuzigter Jesus,
    unsere Augen sehen Deine Hände angenagelt
    und doch fähig, die wahre Freiheit zu geben;
    sie sehen Deine Füße durch die Nägel festgehalten
    und doch noch fähig voranzuschreiten
    und andere voranschreiten zu lassen.

    Gekreuzigter Jesus,
    geschwunden ist die Illusion
    eines Glücks ohne Gott.
    Wir kehren zurück zu Dir,
    der einzigen Hoffnung und der einzigen Freiheit,
    der einzigen Freude und der einzigen Wahrheit:

    Gekreuzigter Jesus,
    hab Erbarmen mit uns Sündern!

    Joh 13, 1.
    1Joh 4, 8. 16.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Sancta mater, istud agas,
    Crucifixi fige plagas
    cordi meo valide.


    ZWÖLFTE STATION
    Jesus stirbt am Kreuze



    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes 19, 25-27

    C. Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter:
    L. „Frau, siehe, dein Sohn!“
    C. Dann sagte er zu dem Jünger:
    L. „Siehe, deine Mutter!“
    C. Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

    Aus dem Evangelium nach Matthäus. 27, 45-46.50

    C. Von der sechsten bis zur neunten Stunde herrschte eine Finsternis im ganzen Land. Um die neunte Stunde rief Jesus laut:
    L. „Eli, Eli, lema sabachtani?“
    C. Das heißt:
    L. „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
    C. Jesus schrie noch einmal laut auf. Dann hauchte er den Geist aus.

    BETRACHTUNG

    Der Mensch hat törichterweise gedacht: Gott ist tot!
    Wenn aber Gott stirbt, wer gibt uns dann noch das Leben?
    Wenn Gott stirbt, was ist dann das Leben?

    Das Leben ist Liebe!

    Das Kreuz ist also nicht der Tod Gottes,
    sondern der Moment, in dem die zerbrechliche Schale des Menschseins,
    das Gott angenommen hatte, zerspringt
    und die Flut der Liebe hervorströmt,
    welche die Menschheit erneuert.

    Aus dem Kreuz entspringt das neue Leben des Saulus,
    aus dem Kreuz entspringt die Bekehrung des Augustinus,
    aus dem Kreuz entspringt die glückliche Armut des Franz von Assisi,
    aus dem Kreuz entspringt die strahlende Güte des Vinzenz von Paul;
    aus dem Kreuz entspringt der Heldenmut des Maximilian Kolbe,
    aus dem Kreuz entspringt die wunderbare Nächstenliebe der Mutter Theresa von Kalkutta,
    aus dem Kreuz entspringt der Mut Johannes’ Pauls II.,
    aus dem Kreuz entspringt die Revolution der Liebe:

    Darum ist das Kreuz nicht der Tod Gottes,
    sondern es ist der Ursprung seiner Liebe in der Welt.

    Gepriesen sei das Kreuz Christi!

    GEBET

    Herr Jesus,
    im Schweigen dieses Abends ist Deine Stimme zu hören:
    „Mich dürstet! Mich dürstet nach deiner Liebe!“

    Im Schweigen dieser Nacht ist Dein Gebet zu hören:
    „Vater, vergib ihnen! Vater, vergib ihnen!“

    In Schweigen der Geschichte ist Dein Schrei zu hören:
    „Es ist vollbracht.“

    Was ist vollbracht?
    „Ich habe euch alles gegeben, ich habe euch alles gesagt,
    ich habe euch die schönste Botschaft überbracht:
    Gott ist Liebe! Gott liebt euch!“

    Im Schweigen des Herzens ist die Liebkosung
    Deines letzten Geschenkes zu hören:
    „Siehe, deine Mutter: meine Mutter!“

    Danke, Jesus, dass Du Maria die Aufgabe anvertraut hast,
    uns jeden Tag daran zu erinnern,
    dass der Sinn von allem die Liebe ist:
    die Liebe Gottes, in die Welt eingepflanzt
    als ein Kreuz!

    Danke, Jesus!

    Joh 19. 30.
    Joh 19, 28.
    Lk 23, 34.
    Joh 19, 30.
    Joh 19, 27.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Vidit suum dulcem Natum
    morientem desolatum,
    cum emisit spiritum.


    DREIZEHNTE STATION
    Jesus wird vom Kreuz abgenommen
    und in den Schoß seiner Mutter gelegt



    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem Evangelium nach Matthäus. 27, 55.57-58; 17, 22-23

    C. Auch viele Frauen waren dort und sahen von weitem zu; sie waren Jesus seit der Zeit in Galiläa nachgefolgt und hatten ihm gedient.
    Gegen Abend kam ein reicher Mann aus Arimathäa namens Josef; auch er war ein Jünger Jesu. Er ging zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu. Da befahl Pilatus, ihm den Leichnam zu überlassen.
    C. Als sie in Galiläa zusammen waren, sagte Jesus zu ihnen:
    L. „Der Menschensohn wird den Menschen ausgeliefert werden, und sie werden ihn töten; aber am dritten Tag wird er auferstehen.“
    C. Da wurden sie sehr traurig.

    BETRACHTUNG

    Das Verbrechen ist vollbracht:
    Wir haben Jesus getötet!

    Und die Wunden Christi brennen
    im Herzen Marias,
    während ein einziger Schmerz
    die Mutter mit dem Sohn umfängt.

    Die Pietà! Ja, die Pietà
    ruft, erschüttert und verwundet sogar den,
    der gewöhnlich Wunden zufügt.

    Die Pietà! Uns scheint es,
    als hätten wir Mitleid mit Gott,
    und statt dessen – wieder einmal –
    ist es Gott, der Mitleid hat mit uns.

    Die Pietà! Der Schmerz
    ist nicht mehr hoffnungslos
    und wird es niemals mehr sein,
    denn Gott ist gekommen, um mit uns zu leiden.

    Und kann man mit Gott etwa die Hoffnung verlieren?

    GEBET

    O Maria,
    in diesem Sohn umarmst du jeden Sohn
    und empfindest die Pein aller Mütter der Welt.

    O Maria,
    deine Tränen fließen von Jahrhundert zu Jahrhundert
    und laufen über die Gesichter
    und weinen das Weinen aller Menschen.

    O Maria,
    du bist mit dem Schmerz vertraut … aber du glaubst!
    Du glaubst, dass die Wolken die Sonne nicht auslöschen,
    du glaubst, dass die Nacht das Morgenrot vorbereitet.

    O Maria,
    die du das Magnifikat gesungen hast,
    stimme für uns das Lied an, das den Schmerz überwindet
    wie eine Geburt, aus der das Leben hervorgeht.

    O Maria,
    bitte für uns!
    Bitte, dass die wahre Hoffnung
    auch auf uns überspringe.

    Sach 12, 10.
    Lk 1, 46-55.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Fac me vere tecum flere,
    Crucifixo condolere,
    donec ego vixero.


    VIERZEHNTE STATION
    Jesus wird ins Grab gelegt



    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem Evangelium nach Matthäus. 27, 59-61

    C. Josef nahm den Leichnam Jesu und hüllte ihn in ein reines Leinentuch. Dann legte er ihn in ein neues Grab, das er für sich selbst in einen Felsen hatte hauen lassen. Er wälzte einen großen Stein vor den Eingang des Grabes und ging weg. Auch Maria aus Magdala und die andere Maria waren dort; sie saßen dem Grab gegenüber.

    Aus dem Buch der Psalmen. 16, 9-11

    L. Darum freut sich mein Herz
    und frohlockt meine Seele;
    auch mein Leib wird wohnen in Sicherheit.
    Denn du gibst mich nicht der Unterwelt preis;
    du läßt deinen Frommen das Grab nicht schauen.
    Du zeigst mir den Pfad zum Leben.
    Vor deinem Angesicht herrscht Freude in Fülle,
    zu deiner Rechten Wonne für alle Zeit.

    BETRACHTUNG

    Manchmal gleicht das Leben
    einem langen und traurigen Karsamstag.
    Alles scheint am Ende,
    es scheint, als triumphiere der Übeltäter,
    es scheint, als sei das Böse stärker als das Gute.
    Aber der Glaube läßt uns weiter schauen,
    er läßt uns das Licht eines neuen Tages entdecken,
    jenseits von diesem Tag.
    Der Glaube versichert uns, daß das letzte Wort
    Gott zusteht: Gott allein!
    Der Glaube ist wirklich eine kleine Lampe,
    doch er ist die einzige Lampe, die die Nacht der Welt erhellt:
    und sein demütiges Licht fließt hinüber
    in den ersten Lichtschein des Tages:
    der Tag des auferstandenen Christus.
    Die Geschichte endet also nicht im Grab,
    sondern explodiert im Grab:
    so hat es Jesus verheißen,
    so ist es geschehen und wird es geschehen!

    GEBET

    Herr Jesus,
    der Karfreitag ist der Tag der Dunkelheit,
    der Tag des grundlosen Hasses,
    der Tag der Tötung des Gerechten!
    Doch der Karfreitag ist nicht das letzte Wort:
    Das letzte Wort ist Ostern,
    der Triumph des Lebens,
    der Sieg des Guten über das Böse.

    Herr Jesus,
    der Karsamstag ist der Tag der Leere,
    der Tag der Angst und der Verlorenheit,
    der Tag, an dem alles zu Ende scheint!

    Doch der Karsamstag ist nicht der letzte Tag:
    Der letzte Tag ist Ostern,
    das Licht, das sich wieder entzündet,
    die Liebe, die allen Hass überwindet.

    Herr Jesus,
    während unser Karfreitag zu Ende geht
    und sich die Angst so vieler Karsamstage wiederholt,
    gib uns den festen Glauben Marias,
    um an die Wahrheit von Ostern zu glauben;
    gib uns ihren klaren Blick,
    um das Leuchten zu sehen,
    das den letzten Tag der Geschichte ankündigt:
    »einen neuen Himmel und eine neue Erde«,
    die in Dir schon begonnen haben,
    gekreuzigter und auferstandener Jesus. Amen!

    Jer 12, 1; Hab 1, 13.
    Lk 18, 31-33.
    Röm 8, 18-23.
    Offb 21, 1.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Quando corpus morietur,
    fac ut anime donetur
    paradisi gloria. Amen.


    * * *



    Der Heilige Vater richtet das Wort an die Anwesenden.

    Am Ende der Rede erteilt der Heilige Vater den Apostolischen Segen:
    V. Dominus vobiscum.
    R. Et cum spiritu tuo.
    V. Sit nomen Domini benedictum.
    R. Ex hoc nunc et usque in sæculum.
    V. Adiutorium nostrum in nomine Domini.
    R. Qui fecit cœlum et terram.
    V. Benedicat vos omnipotens Deus,
    + Pater, et + Filius, et + Spiritus Sanctus.
    R. Amen.

    © Copyright 2006 – Libreria Editrice Vaticana

    [Modificato da @Andrea M.@ 06/04/2007 13.06]

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    00 06/04/2007 11:51
    Die Chrisam-Messe am Gründonnerstag
    Gründonnerstag in Rom: Benedikt XVI. betrachtet Priestertum und Eucharistie

    "Gott steigt herab und wird Sklave"

    ROM, 13. April 2006 (ZENIT.org).- Am heutigen Gründonnerstag stand der Heilige Vater am Vormittag der Chrisam-Messe im Petersdom vor und am Nachmittag in der Lateranbasilika, der Bischofskirche des Bischofs von Rom, der Heiligen Messe vom Letzten Abendmahl. Die beiden Themen, die er in seinen beiden Predigten beleuchtete, waren das "Priestersein" und die grenzenlose Liebe Gottes, die in der Eucharistie aufleuchtet.

    "Der Priester muss vor allem ein Mann des Gebetes sein", betonte der Papst während des Gottesdienstes am Vormittag im Petersdom, in dessen Rahmen die Öle sowie das Chrisam geweiht wurden, die zur Spendung der Sakramente vonnöten sind. "Die Welt mit ihrem frenetischen Aktivismus verliert oft die Orientierung. Ihr Handeln und ihre Möglichkeiten werden zerstörerisch, wenn es an den Kräften des Gebets mangelt, aus denen die Wasser des Lebens entspringen, die imstande sind, das ausgetrocknete Erdreich zu befruchten."

    "Berg des Gebets"

    Da ein solcher Aktivismus auch auf den Priester abfärben kann, unterstrich Benedikt XVI., dass Priestersein vor allem darin bestehe, ein immer besserer Freund Jesu Christi zu werden, um in einem immer größerem Einklang mit ihm zu leben, zu wirken und zu dienen – "in persona Christi". Der Heilige Vater verwies auf die Evangelisten, die davon berichten, "dass der Herr sich wiederholt ganze Nächte hindurch 'auf dem Berg' zurückzog, um alleine zu beten". Und er bekräftigte: "Diesen 'Berg' brauchen auch wir: Es ist die innere Höhe, die wir erklimmen müssen, der Berg des Gebets. Nur so entfaltet sich die Freundschaft. Nur so können wir unseren priesterlichen Dienst verrichten, nur so können wir Christus und sein Evangelium zu den Menschen bringen."

    Durch den gewohnten Umgang mit Christus lerne man nach und nach, "mit ihm und für ihn zu leben, zu leiden und zu handeln", und dadurch auch mit "den Seinen" aufs Engste verbunden zu sein, mit den Gliedern seiner Kirche.

    "Gott steigt herab"

    Am Nachmittag dachte der Papst in seiner Bischofskirche vor Tausenden von Gläubigen über das Wesen der göttlichen Liebe nach: "Gott steigt herab und wird Sklave; er wäscht uns die Füße, damit wir an seinem Tisch teilnehmen können. Darin kommt das ganze Geheimnis Jesu Christi zum Ausdruck. Darin wird sichtbar, was Erlösung bedeutet."

    Die Erlösung, die dem Menschen geschenkt wurde, verglich Benedikt XVI. mit einem Bad, in dem Gott all unsere Sünden reinwasche. Dieses Bad "ist seine Liebe, die bereit ist, dem Tod zu begegnen". Christus höre auch heute nicht auf, "diese Liebe zu sein, die uns wäscht. In den Sakramenten der Reinigung – in der Taufe und im Bußsakrament – kniet er ständig vor unseren Füßen und erweist uns den Sklavendienst, den Dienst der Reinigung; er macht uns gottfähig. Seine Liebe ist unerschöpflich, sie geht wirklich bis zum Letzten."

    Judas und die "Ablehnung der Liebe"

    Allerdings könne es passieren, dass der Mensch sich der unendlichen Liebe Gottes entgegenstelle, ihr den Zutritt in sein Herz verwehre. Schuld daran, so Benedikt XVI., sei "die Ablehnung der Liebe, das Nicht-geliebt-sein-Wollen, das Nicht-Lieben. Es ist der Hochmut, der meint, keiner Reinigung zu bedürfen, und der sich der rettenden Güte Gottes verschließt."

    Als typisches Beispiel für ein solches Sich-Verschließen führte der Bischof von Rom Judas Iskariot an: "In Judas sehen wir das Wesen dieser Ablehnung noch klarer: Er bewertet Jesus nach den Maßstäben von Macht und Erfolg. Nur Macht und Erfolg sind für ihn real, die Liebe zählt nicht. Und er ist habsüchtig: Das Geld ist wichtiger als die Gemeinschaft mit Jesus, wichtiger als Gott und als seine Liebe. Und so wird er auch ein Lügner, der ein doppeltes Spiel spielt und mit der Wahrheit bricht; einer, der in der Lüge lebt und so den Sinn für die höchste Wahrheit – Gott – verliert. Auf diese Weise verhärtet er sich; er wird unfähig, sich zu bekehren und die vertrauensvolle Rückkehr des verlorenen Sohnes anzutreten – und wirft das zerstörte Leben weg."

    "Sich gegenseitig die Füße waschen"

    Der sündige und schuldig gewordene Mensch dürfe aber stets mit der liebenden Barmherzigkeit Gottes rechnen – "der Herr nimmt unseren Schmutz mit der reinigenden Kraft seiner Güte hinweg" – und von neuem beginnen, Jesus kennen zu lernen und ihn im Dienst an Gott und am Nächsten nachzuahmen.

    Es gehe nämlich darum, "sich gegenseitig die Füße waschen", erklärte der Heilige Vater. Und neben dem Liebesdienst am Notleidenden und dem, der gering geschätzt wird, bedeute das vor allem: "einander unermüdlich zu vergeben, immer wieder von neuem miteinander zu beginnen, selbst wenn es unnütz zu sein scheint. Es bedeutet, sich gegenseitig zu reinigen; einander zu ertragen und zu akzeptieren, dass man von den anderen ertragen wird; sich gegenseitig zu reinigen und sich auf diese Weise gegenseitig die heiligende Kraft des Wortes Gottes zu schenken – uns in das Sakrament der göttlichen Liebe einzuführen."
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    @Andrea M.@
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    00 06/04/2007 11:53
    Die Predigten des Heiligen Vaters im Wortlaut
    Priester sein bedeutet "Mann des Gebetes" und "Freund Jesu" sein: Predigt Benedikts XVI. während der Chrisam-Messe am Gründonnerstag (13. April 2006)

    "Richten wir immer wieder unseren Blick auf Ihn und strecken wir die Hände nach ihm aus!"

    ROM, 13. April 2006 (ZENIT.org).- Wir veröffentlichen die Predigt, die Benedikt XVI. am Vormittag des heutigen Gründonnerstag im Petersdom gehalten hat.

    Am Einsetzungstag des Priestertums und der Eucharistie betrachtete der Heilige Vater während der Chrisam-Messe "die tiefe Bedeutung des Priesterseins: Freund Jesu Christi zu werden. Um diese Freundschaft müssen wir uns jeden Tag neu bemühen."

    Diese Freundschaft drücke sich in der Übereinstimmung im Denken, Fühlen, Trachten und Handeln aus und werde durch die Schriftlesung und durch das Gebet genährt und vertieft. "Die Evangelisten sagen uns, dass der Herr sich wiederholt ganze Nächte hindurch 'auf dem Berg' zurückzog, um alleine zu beten. Diesen 'Berg' brauchen auch wir: Es ist die innere Höhe, die wir erklimmen müssen, der Berg des Gebets. Nur so entfaltet sich die Freundschaft." Und die Freundschaft mit Jesu bedeute automatisch auch "Freundschaft mit den Seinen. Wir können Jesu Freunde nur in der Gemeinschaft mit dem ganzen Christus sein, mit dem Haupt und mit dem Leib, in der üppigen Rebe, der Kirche, die durch ihren Herrn belebt wird."

    Der Heilige Vater appellierte an alle Priester, die Kraft für den priesterlichen Dienst ausschließlich bei Gott zu suchen: "Lassen wir es zu, dass seine Hand uns ergreift! Dann werden wir nicht untergehen, sondern dem Leben dienen, das stärker ist als der Tod, und der Liebe, die stärker ist als der Hass."

    * * *

    Der Gründonnerstag ist der Tag, an dem der Herr den Zwölfen die priesterliche Aufgabe anvertraute, in den Gestalten von Brot und Wein das Sakrament seines Leibes und seines Blutes zu feiern bis zu seiner Rückkehr. An die Stelle des Osterlammes und aller Opfer des Alten Bundes tritt das Geschenk seines Leibes und seines Blutes, das Geschenk seiner selbst. So gründet sich der neue Kult in der Tatsache, dass vor allem Gott uns ein Geschenk macht und wir, erfüllt von diesem Geschenk, die Seinen werden: Die Schöpfung kehrt zum Schöpfer zurück.

    So ist auch das Priestertum zu etwas Neuem geworden: Es ist nicht mehr eine Frage der Abstammung, sondern ein Sich-Vorfinden im Geheimnis Jesu Christi. Er ist immer derjenige, der schenkt und uns zu sich hinaufzieht. Nur er kann sagen: "Das ist mein Leib – das ist mein Blut." Das Geheimnis der Priestertums der Kirche besteht in der Tatsache, dass wir armselige Menschenwesen kraft des Sakraments mit seinem Ich sprechen dürfen: in persona Christi. Er will durch uns sein Priestertum ausüben.

    An dieses bewegende Geheimnis, das uns in jeder Feier des Sakraments neu berührt, denken wir in besonderer Weise am Gründonnerstag. Damit das Alltägliche nicht das Große und Geheimnisvolle verdirbt, brauchen wir ein derart besonderes Gedenken, brauchen wir diese Wiederkehr jener Stunde, in der Er uns seine Hände aufgelegt und uns zu Teilhabern dieses Geheimnisses gemacht hat.

    Denken wir deshalb erneut über jene Zeichen nach, in denen uns das Sakrament geschenkt worden ist. Im Mittelpunkt steht die uralte Geste der Handauflegung, mit der Er von mir Besitz ergriffen hat und mir sagte: "Du gehörst mir." Damit hat er aber auch gesagt: "Du stehst unter dem Schutz meiner Hände. Du stehst unter dem Schutz meines Herzens. Du bist behütet in meiner Hand, und gerade so befindest du dich in der Weite meiner Liebe. Bleib im Einzugsbereich meiner Hände, und gib mir die deinen."

    Wir erinnern uns dann daran, dass unsere Hände mit dem Öl gesalbt worden sind, dem Zeichen des Heiligen Geistes und seiner Kraft. Warum gerade die Hände?

    Die Hand des Menschen ist das Instrument seines Handelns, Symbol seiner Fähigkeit, der Welt zu begegnen, sie "in die Hand zu nehmen". Der Herr hat uns die Hände aufgelegt und will jetzt unsere Hände, damit sie in der Welt die seinigen werden. Er will, dass sie nicht mehr Werkzeuge sind, um die Dinge, die Menschen, die Welt für uns zu ergreifen, damit sie zu unserem Besitz werden, sondern er will, dass sie stattdessen seine göttliche Berührung übertragen und sich in den Dienst seiner Liebe stellen. Er will, dass sie Werkzeuge des Dienens sind und so Ausdruck der Sendung der ganzen Person, die sein Garant ist und ihn zu den Menschen bringt.

    Wenn die Hände des Menschen symbolisch seine Fähigkeiten und noch allgemeiner die Technik als Macht des Verfügens über die Welt repräsentieren, so müssen die gesalbten Hände ein Zeichen seiner Fähigkeit zu schenken sein, ein Zeichen der Kreativität, die Welt mit Liebe zu gestalten – und dazu bedürfen wir zweifellos des Heiligen Geistes.

    Im Alten Testament ist die Salbung Zeichen der Aufnahme in den Dienst: Der König, der Prophet, der Priester tut und schenkt mehr als nur das, was von ihm selbst stammen würde. In gewissem Sinne ist er seiner selbst enteignet worden für einen Dienst, in dem er sich einem Größeren, als er es ist, zur Verfügung stellt. Wenn Jesus heute im Evangelium als der Gesalbte des Herrn vorgestellt wird, so soll damit gerade gesagt werden, dass er im Auftrag des Vaters und in der Einheit mit dem Heiligen Geist handelt und dass er so der Welt eine neue königliche Würde, ein neues Priestertum, eine neue Weise, Prophet zu sein, schenkt – der nicht sich selbst sucht, sondern für den lebt, auf den hin die Welt geschaffen wurde. Stellen wir ihm heute unsere Hände erneut zur Verfügung und bitten wir ihn, uns immer wieder neu bei der Hand zu nehmen und uns zu führen.

    In der sakramentalen Geste der Handauflegung durch den Bischof ist es der Herr selbst gewesen, der uns die Hände aufgelegt hat. Dieses sakramentale Zeichen fasst einen ganzen existentiellen Weg zusammen. Wie die ersten Jünger sind wir einmal dem Herrn begegnet und haben sein Wort gehört: "Folge mir nach!" Vielleicht sind wir ihm am Anfang etwas unsicher gefolgt, vielleicht haben wir uns nach rückwärts gewandt und uns gefragt, ob dieser Weg wirklich der unsrige ist. Und an einigen Stellen des Weges haben wir vielleicht die Erfahrung des Petrus nach dem wunderbaren Fischfang gemacht, das heißt: Wir wurden von seiner Größe erschreckt, von der Größe der Aufgabe und von der Unzulänglichkeit unserer armen Person, so dass wir uns zurückziehen wollten: "Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder!" (Lk 5,8). Dann aber hat er uns in großer Güte bei der Hand genommen, er hat uns zu sich gezogen und gesagt: "Hab keine Angst! Ich bin mit dir. Ich verlasse dich nicht, verlass du mich nicht!"

    Und mehr als einmal ist vielleicht jedem von uns dasselbe passiert wie dem Petrus, als er auf dem Wasser wandelnd zum Herrn ging und plötzlich merkte, dass das Wasser ihn nicht mehr trug und er unterzugehen drohte. Und wie Petrus haben wir geschrieen: "Herr, rette mich!" (Mt 14,30). Wir sahen den Aufruhr der Elemente: Wie vermochten wir es, über die brausenden und schäumenden Wasser des letzten Jahrhunderts und des letzten Jahrtausends zu gehen? Dann aber haben wir auf ihn geschaut – und er hat uns bei der Hand genommen und uns ein neues, genau auf uns "zugeschnittenes Gewicht" gegeben: die Leichtheit, die vom Glauben herrührt und uns nach oben zieht.

    Und dann reicht er uns die stützende und tragende Hand – er stützt uns. Richten wir immer wieder unseren Blick auf Ihn und strecken wir die Hände nach ihm aus! Lassen wir es zu, dass seine Hand uns ergreift! Dann werden wir nicht untergehen, sondern dem Leben dienen, das stärker ist als der Tod, und der Liebe, die stärker ist als der Hass. Der Glaube an Jesus, den Sohn des lebendigen Gottes, ist das Mittel, dank dem wir immer wieder von neuem die Hand Jesu ergreifen und dank dem er unser Hand fasst und uns führt. Eines meiner Lieblingsgebete ist die Bitte, die uns die Liturgie vor der Kommunion auf die Lippen legt: "Lass nicht zu, dass ich jemals von dir getrennt werde." Wir bitten darum, nie aus der Gemeinschaft mit seinem Leib, mit Christus selbst, heraus zu geraten; wir bitten darum, niemals aus dem eucharistischen Geheimnis heraus zu geraten. Wir bitten darum, dass er nie unsere Hand loslässt…

    Der Herr hat seine Hand auf uns gelegt. Die Bedeutung dieser Geste hat er mit den folgenden Worten zum Ausdruck gebracht: "Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe" (Joh 15,15). Ich nenne euch nicht mehr Knechte, sondern Freunde: In diesen Worten könnte man sogar die Einsetzung des Priestertums erkennen. Der Herr macht uns zu seinen Freunden: Er vertraut uns alles an; er vertraut uns sich selbst an, so dass wir mit seinem Ich sprechen können – in persona Christi capitis. Welch großes Vertrauen! Er hat sich wirklich in unsere Hände gegeben. Die wesentlichen Zeichen der Priesterweihe sind im Grund alle Ausdrucksformen dieses Wortes: die Handauflegung, die Übergabe des Buches – seines Wortes, das er uns anvertraut –, die Übergabe des Kelches, mit dem er uns sein tiefstes und persönlichstes Geheimnis übergibt. Zu all dem gehört auch die Vollmacht der Lossprechung: Er lässt uns auch an seinem Bewusstsein des Elends der Sünde und der Finsternis der Welt teilhaben, und er gibt uns die Schlüssel zum Tor des Hauses des Vaters in die Hand.

    Ich nenne euch nicht mehr Knechte, sondern Freunde. Das ist die tiefe Bedeutung des Priesterseins: Freund Jesu Christi zu werden. Um diese Freundschaft müssen wir uns jeden Tag neu bemühen. Freundschaft heißt Gemeinsamkeit im Denken und Wollen. In dieser Gemeinschaft mit dem Denken Jesu müssen wir uns üben, sagt uns der heilige Paulus im Philipperbrief (vgl. 2, 2-5). Und diese Gemeinschaft des Denkens ist nicht nur etwas Intellektuelles, sondern Gemeinsamkeit der Empfindungen und des Trachtens und somit auch des Handelns. Das heißt, dass wir Jesus in immer persönlicherer Weise kennen lernen müssen – indem wir auf ihn hören, zusammen mit ihm leben, uns bei ihm aufhalten.

    Auf ihn hören in der lectio divina, das heißt nicht beim akademischen, sondern beim geistlichen Lesen der Heiligen Schrift: So lernen wir, dem gegenwärtigen Jesus zu begegnen, der zu uns spricht. Wir müssen betrachten und vor ihm und mit ihm über seine Worte und sein Handeln nachdenken. Die Lesung der Heiligen Schrift ist Gebet, sie muss Gebet sein. Sie muss aus dem Gebet hervorgehen und zum Gebet hinführen.

    Die Evangelisten sagen uns, dass der Herr sich wiederholt ganze Nächte hindurch "auf dem Berg" zurückzog, um alleine zu beten. Diesen "Berg" brauchen auch wir: Es ist die innere Höhe, die wir ersteigen müssen, der Berg des Gebets. Nur so entfaltet sich die Freundschaft. Nur so können wir unseren priesterlichen Dienst verrichten, nur so können wir Christus und sein Evangelium zu den Menschen bringen.

    Der bloße Aktivismus kann sogar heroisch sein. Aber das äußerliche Handeln bleibt am Ende furchtlos und verliert an Wirksamkeit, wenn es nicht aus der tiefen und innigsten Gemeinschaft mit Christus hervorgeht. Die Zeit, die wir dafür aufwenden, ist wirklich eine Zeit der pastoralen Tätigkeit, einer echten seelsorglichen Tätigkeit. Der Priester muss vor allem ein Mann des Gebetes sein. Die Welt mit ihrem frenetischen Aktivismus verliert oft die Orientierung. Ihr Handeln und ihre Möglichkeiten werden zerstörerisch, wenn es an den Kräften des Gebets mangelt, aus denen die Wasser des Lebens entspringen, die imstande sind, das ausgetrocknete Erdreich zu befruchten.

    Ich nenne euch nicht mehr Knechte, sondern Freunde. Der Kern des Priestertums ist, Freunde Jesu Christi zu sein. Nur so können wir in Wahrheit in persona Christi sprechen, selbst wenn unsere innere Ferne von Christus die Gültigkeit des Sakraments nicht kompromittieren kann. Freund Jesu zu sein, Priester zu sein heißt: ein Mann des Gebetes zu sein. So erkennen wir ihn und treten aus der Ignoranz von bloßen Knechten heraus. So lernen wir, mit ihm und für ihn zu leben, zu leiden und zu handeln. Die Freundschaft mit Jesus ist ipso facto Freundschaft mit den Seinen. Wir können Jesu Freunde nur in der Gemeinschaft mit dem ganzen Christus sein, mit dem Haupt und mit dem Leib, in der üppigen Rebe, der Kirche, die durch ihren Herrn belebt wird. Nur in ihr ist die Heilige Schrift dank dem Herrn lebendiges und aktuelles Wort. Ohne das lebendige Subjekt der Kirche, die die Zeitalter umfasst, zersplittert die Bibel in oft heterogene Schriftstücke und wird auf diese Weise ein Buch der Vergangenheit. Sie ist in der Gegenwart nur dort sprechend, wo die "Anwesenheit" ist – dort, wo Christus ständig unser Zeitgenosse bleibt: im Leib seiner Kirche.

    Priester sein heißt: Freund Jesu Christi werden, und zwar immer mehr – mit unserer ganzen Existenz. Die braucht Gott – nicht irgendeinen Gott, sondern der Gott Jesu Christi; der Gott, der Fleisch und Blut geworden ist, der uns bis zum Tod für uns geliebt hat, der auferstanden ist und in sich selbst einen Raum für den Menschen geschaffen hat. Dieser Gott muss in uns leben, und wir in ihm. Das ist unsere priesterliche Berufung. Nur so kann unser Handeln als Priester Früchte bringen.

    Ich möchte diese Predigt mit einem Wort Andrea Santoros beenden, jenes Priesters der Diözese Rom, der in Trapezunt ermordet wurde, während er betete. Kardinal Cé hat es uns während unserer Exerzitien vorgetragen. Es besagt: "Ich bin hier, um inmitten dieser Menschen zu wohnen und es Jesus zu erlauben, genau das zu tun, indem ich ihm mein Fleisch leihe… Man wird nur im Opfer seines eigenen Fleisches heilsfähig. Das Böse der Welt muss ertragen, und der Schmerz muss geteilt werden. Wir müssen ihn in unserem eigenen Fleisch aufnehmen – bis zum Äußersten, wie Jesus." Jesus hat unser Fleisch angenommen, geben wir ihm das unsere. Auf diese Weise kann er in die Welt kommen und sie verändern. Amen!

    ZENIT-Übersetzung; © Copyright 2006 des italienischen Originals – Libreria Editrice Vaticana


    * * * * * * * *


    "Gott steigt herab und wird Sklave": Predigt Benedikts XVI. in der Heiligen Messe vom Letzten Abendmahl (13. April 2006)

    "Der Herr reinigt uns, und aus diesem Grund wagen wir es, zu seinem Tisch zu treten"

    ROM, 13. April 2006 (ZENIT.org).- Wir veröffentlichen die Predigt, die Benedikt XVI. am Nachmittag des heutigen Gründonnerstag in der Lateranbasilika gehalten hat.

    Der Papst erinnerte die Gläubigen an die grenzenlose Liebe des Herrn, der nur der Mensch von sich aus Einhalt gebieten könne. Und in diesem Zusammenhang fuhr er fort: "Der Herr warnt uns heute vor jener Selbstgenügsamkeit, die seiner grenzlosen Liebe eine Grenze setzt."

    * * *

    "Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung" (Joh 13,1): Gott liebt sein Geschöpf, den Menschen; er liebt ihn auch in seinem Fall und lässt ihn nicht allein. Er liebt bis zum Ende; er geht mit seiner Liebe bis zum Letzten, bis zum Äußersten: Er steigt herb von seiner göttlichen Herrlichkeit und zieht das Gewand des Sklaven an. Er steigt herab bis zur äußersten Tiefe unseres Falls. Er kniet vor uns nieder und erweist uns den Dienst des Sklaven: Er wäscht unsere schmutzigen Füße, damit wir zum Tisch des Herrn zugelassen werden können, damit wir würdig werden, uns an seinen Tisch zu setzen – etwas, das wir aus uns selbst heraus weder tun könnten noch dürften.

    Gott ist kein ferner Gott, zu entfernt und zu groß, um sich mit unserem Kleinkram zu beschäftigen. Da er groß ist, kann er sich auch für die kleinen Dinge interessieren. Da er groß ist, ist die Seele des Menschen – desselben Menschen, der für die ewige Liebe geschaffen worden ist – nichts Kleines, sondern sie ist groß und seiner Liebe würdig. Die Heiligkeit Gottes ist nicht nur eine glühende Macht, vor der wir uns erschrocken zurückziehen müssten; sie ist die Macht der Liebe, und deshalb reinigende und heilende Macht.

    Gott steigt herab und wird Sklave; er wäscht uns die Füße, damit wir an seinem Tisch teilnehmen können. Darin kommt das ganze Geheimnis Jesu Christi zum Ausdruck. Darin wird sichtbar, was Erlösung bedeutet. Das Bad, in dem er uns wäscht, ist seine Liebe, die bereit ist, dem Tod zu begegnen. Nur die Liebe hat diese reinigende Kraft, die uns unseren Schmutz nimmt und uns hinauf in die Höhe Gottes erhebt. Das Bad, das uns reinigt, ist er selbst, der sich uns ganz schenkt – bis hinein in die Tiefe seines Leidens und seines Todes. Er hört nicht auf, diese Liebe zu sein, die uns wäscht. In den Sakramenten der Reinigung – in der Taufe und im Bußsakrament – kniet er ständig vor unseren Füßen und erweist uns den Sklavendienst, den Dienst der Reinigung; er macht uns gottfähig. Seine Liebe ist unerschöpflich, sie geht wirklich bis zum Letzten.

    "Ihr seid rein, aber nicht alle", sagt der Herr (Joh 13,10). In diesem Satz offenbart sich das große Geschenk der Reinigung, das er uns macht, weil er mit uns zu Tisch sitzen will, weil er unsere Speise werden will. "Aber nicht alle": Es gibt das dunkle Geheimnis der Verweigerung, die mit der Judasgeschichte gegenwärtig wird und uns gerade am Gründonnerstag, dem Tag, an dem sich Jesus schenkt, zum Nachdenken führen muss. Die Liebe des Herrn kennt keine Grenze, aber der Mensch kann ihr eine Grenze setzen.

    "Ihr seid rein, aber nicht alle." Was ist es, das den Menschen unrein macht? Es ist die Ablehnung der Liebe, das Nicht-geliebt-sein-Wollen, das Nicht-Lieben. Es ist der Hochmut, der meint, keiner Reinigung zu bedürfen, und der sich der rettenden Güte Gottes verschließt. Es ist der Hochmut, der nicht bekennen und anerkennen will, dass wir der Reinigung bedürfen. In Judas sehen wir das Wesen dieser Ablehnung noch klarer: Er bewertet Jesus nach den Maßstäben von Macht und Erfolg. Nur Macht und Erfolg sind für ihn real, die Liebe zählt nicht. Und er ist habsüchtig: Das Geld ist wichtiger als die Gemeinschaft mit Jesus, wichtiger als Gott und als seine Liebe. Und so wird er auch ein Lügner, der ein doppeltes Spiel spielt und mit der Wahrheit bricht; einer, der in der Lüge lebt und so den Sinn für die höchste Wahrheit – Gott – verliert. Auf diese Weise verhärtet er sich; er wird unfähig, sich zu bekehren und die vertrauensvolle Rückkehr des verlorenen Sohnes anzutreten – und wirft das zerstörte Leben weg.

    "Ihr seid rein, aber nicht alle." Der Herr warnt uns heute vor jener Selbstgenügsamkeit, die seiner grenzlosen Liebe eine Grenze setzt. Er lädt uns dazu ein, seine Demut nachzuahmen, uns dieser Demut anzuvertrauen, uns von ihr "anstecken" zu lassen. Und auch wenn wir uns noch so verloren fühlen, lädt er uns dazu, nach Hause zurückzukehren und seiner reinigenden Güte zu gestatten, uns zu trösten und uns in die Tischgemeinschaft mit ihm, Gott selbst, eintreten zu lassen.

    Fügen wir ein letztes Wort aus diesem unerschöpflichen Abschnitt des Evangeliums hinzu: "Ich habe euch ein Beispiel gegeben…" (Joh 13,15); "Auch ihr müsst einander die Füße waschen" (Joh 13,14). Worin besteht die "gegenseitige Fußwaschung"? Was bedeutet das konkret?

    Jedes gute Werk für den anderen – besonders für die Notleidenden und diejenigen, die man wenig schätzt – ist ein solcher Dienst der Fußwaschung. Dazu beruft uns der Herr: herunterzusteigen, die Demut und den Mut zur Güte zu lernen und auch die Bereitschaft, Ablehnung zu akzeptieren und dennoch der Güte zu vertrauen und in ihr zu verharren.

    Aber es gibt eine noch tiefere Dimension: Der Herr nimmt unseren Schmutz mit der reinigenden Kraft seiner Güte hinweg. Sich gegenseitig die Füße waschen heißt vor allem: einander unermüdlich zu vergeben, immer wieder von neuem miteinander zu beginnen, selbst wenn es unnütz zu sein scheint. Es bedeutet, sich gegenseitig zu reinigen; einander zu ertragen und zu akzeptieren, dass man von den anderen ertragen wird; sich gegenseitig zu reinigen und sich auf diese Weise gegenseitig die heiligende Kraft des Wortes Gottes zu schenken – uns in das Sakrament der göttlichen Liebe einzuführen.

    Der Herr reinigt uns, und aus diesem Grund wagen wir es, zu seinem Tisch zu treten. Bitten wir ihn darum, uns allen die Gnade zu schenken, eines Tages für immer Gäste des ewigen Hochzeitsmahls zu sein. Amen!

    ZENIT-Übersetzung; © Copyright 2006 des italienischen Originals – Libreria Editrice Vaticana

    [Modificato da @Andrea M.@ 06/04/2007 14.52]

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    @Andrea M.@
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    00 06/04/2007 11:55
    Kreuzerhöhung und Kreuzweg 2006
    Das Kreuzzeichen, "Geheimnis von Tod und Herrlichkeit" und öffentliches Bekenntnis

    Worte Benedikts XVI. am Fest der Kreuzerhöhung

    ROM, 14. April 2006 (ZENIT.org).- Am heutigen Karfreitag um 15.00 Uhr gedenkt die Kirche weltweit des Sterbens Jesu Christi am Kreuz. Aus diesem Anlass wird in Rom nach der Gedächtnisfeier dieses Ereignisses der traditionelle Kreuzweg im Kolosseum gebetet werden (vgl. Betrachtungstexte 2006).

    Seit dem Vollzug dieser geheimnisvollen Erlösungstat des Sohnes Gottes ist das Kreuzzeichen im Leben des Christen ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil und nach Worten Benedikts XVI. ein "sichtbares und öffentliches Ja".

    Am Fest der Kreuzerhöhung (14. September) rief der Heilige Vater im vergangenen Jahr am Ende des "Jahres der Eucharistie" dazu auf, über die "tiefen und unauflöslichen Bande nachzudenken, die zwischen der Eucharistiefeier und dem Geheimnis des Kreuzes bestehen", und betonte: "Jede Heilige Messe setzt tatsächlich das Erlösungsopfer Christi gegenwärtig. Nach Golgota und zur 'Stunde' des Todes am Kreuz 'kehrt in geistlicher Weise jeder Priester zurück, der die heilige Messe feiert, und mit ihm die christliche Gemeinde, die daran teilnimmt'", sagte er mit Verweis auf ein Wort Johannes Pauls II. (vgl. Ezyklika "Ecclesia de Eucharistia", 4).

    "Die Eucharistie ist somit Gedenken des gesamten Ostergeheimnisses: Passion, Tod, Abstieg in das Reich des Todes, Auferstehung und Himmelfahrt. Und das Kreuz ist der greifbare Ausdruck der unermesslichen Liebestat, durch die der Sohn Gottes den Menschen und die Welt von Sünde und Tod gerettet hat."

    Gerade deshalb nannte der Papst das Kreuzzeichen "die grundlegende Geste im Gebet des Christen. Das Kreuzeichen zu machen bedeutet, ein sichtbares und öffentliches Ja zu dem zu sprechen, der für uns gestorben und auferstanden ist – zu diesem Gott, der in der Bescheidenheit und Schwachheit seiner Liebe allmächtig ist und stärker als jede irdische Macht und Intelligenz."

    Kreuz und Eucharistie bezeichnete er beide als "Geheimnis von Tod und Herrlichkeit – kein vorübergehendes Ereignis, sondern der Durchgang, durch den Christus in seine Herrlichkeit gelangte (vgl. Lk 24,26) und die ganze Menschheit versöhnte, weil er jede Feindseligkeit überwunden hat. Deshalb lädt uns die Liturgie ein, mit vertrauensvoller Zuversicht zu beten: 'Mane nobiscum Domine!' Bleib bei uns, Herr, der du die Welt durch dein heiliges Kreuz erlöst hast!"

    Da Maria auf dem Kalvarienberg unter dem Kreuz ausgeharrt hat, könne sie den Gläubigen wie niemand sonst helfen, "die Heilige Messe zu verstehen und sie mit lebendigem Glauben zu leben (…). Wenn wir die heilige Kommunion empfangen, umarmen wir – wie Maria und vereint mit ihr – das Holz, das Jesus durch seine Liebe in ein Heilsmittel verwandelt hat, und sprechen unser Amen, unser Ja, zur gekreuzigten und auferstandenen Liebe."


    * * * * * * * *


    Ansprache Benedikts XVI. zum Abschluss der Kreuzwegandacht im Kolosseum (Karfreitag 2006)

    "Der Kreuzweg ist der Weg der Barmherzigkeit, die dem Bösen eine Grenze setzt"

    ROM, 16. April 2006 (ZENIT.org).- Wir veröffentlichen jene Worte, die Papst Benedikt im Anschluss an die traditionelle Kreuzwegandacht am Karfreitag 2006 in Rom gesprochen hat.

    Nach der Betrachtung der 14 Stationen des Leidens und Sterbens Jesu (vgl. (Betrachtungstexte von Erzbischof Angelo Comastri) betonte der Heilige Vater in seiner kurzen, ohne Text vorgetragenen Ansprache vor Zehntausenden von Gläubigen, dass wir keine unbeteiligten Zuschauer des Kreuzweges bleiben dürften. Vielmehr sei jeder Mensch eingeladen, "den Weg der Barmherzigkeit einzuschlagen und dem Bösen zusammen mit Jesus eine Grenze zu setzen".

    * * *

    Liebe Brüder und Schwestern!

    Wir haben Jesus auf dem Kreuzweg begleitet. Wir haben ihn hier auf der "Straße der Märtyrer" begleitet, im Kolosseum, wo so viele für Christus gelitten haben, wo so viele das Leben für den Herrn hingegeben haben – [wir haben gesehen,] wie der Herr selbst wieder in vielen gelitten hat. Und so haben wir verstanden, dass der Kreuzweg nicht etwas Vergangenes ist, das zu einem bestimmten Ort der Erde gehörte. Das Kreuz des Herrn umfasst die ganze Welt, sein Kreuzweg durchschreitet die Kontinente und alle Zeiten.

    Auf dem Kreuzweg dürfen wir nicht nur Zuschauer bleiben. Wir sind mit hinein genommen und müssen unseren Platz suchen: Wo sind wir? Auf dem Kreuzweg kann man nicht neutral bleiben. Pilatus, der skeptische Intellektuelle, hat versucht, neutral zu sein, sich herauszuhalten – aber gerade dadurch hat er Stellung bezogen gegen die Gerechtigkeit, aus Konformismus seiner Karriere wegen.

    Wir müssen unseren Platz suchen. Im Spiegel des Kreuzes haben wir alle Leiden der Menschheit von heute gesehen. Im Kreuz Christi haben wir heute das Leiden der im Stich gelassenen und missbrauchten Kinder gesehen, die Bedrohungen, denen die Familie ausgesetzt ist, die Spaltung der Welt in die Hochmut der Reichen, die Lazarus vor ihrer Tür nicht wahrnehmen, und in die Armut so vieler, die Hunger und Durst leiden.

    Wir haben aber auch die Stationen der Tröstung gesehen. Wir haben die Mutter gesehen, deren Güte treu bis zum Tod über den Tod hinaus bestehen bleibt. Wir haben die mutige Frau gesehen, die vor dem Herrn steht und keine Angst hat, Solidarität mit diesem Leidenden zu zeigen. Wir haben Simon von Cyrene gesehen, einen Afrikaner, der mit Jesus das Kreuz trägt. Und schließlich haben wir in diesen Stationen der Tröstung erkannt, dass auf dieselbe Weise, wie das Leid kein Ende hat, auch diese Tröstungen kein Ende haben.

    Wir haben gesehen, wie Paulus auf dem Weg des Kreuzes den Glaubenseifer entwickelt und das Licht der Liebe entzündet hat; wir haben gesehen, wie der heilige Augustinus, der heilige Franz von Assisi, der heilige Vinzenz, der heilige Maximilian Kolbe und wie Mutter Teresa von Kalkutta ihren Weg gefunden haben. Und so sind auch wir dazu eingeladen, unseren Ort zu finden; zusammen mit diesen großen, mutigen Heiligen den Weg mit Christus und für Christus zu finden – den Weg der Güte, der Wahrheit, des Mutes, der Liebe.

    Und so haben wir verstanden, dass der Kreuzweg nicht einfach eine Zusammenstellung von düsteren und traurigen Dinge ist, die es in der Welt gibt. Genauso wenig ist er ein Moralismus, der am Ende unwirksam ist, und ebenso wenig ein Protestschrei, der nichts ändert. Der Kreuzweg ist der Weg der Barmherzigkeit – der Weg der Barmherzigkeit, die dem Bösen eine Grenze setzt, so haben wir es von Papst Johannes Paul II. gelernt. Er ist der Weg der Barmherzigkeit und damit der Weg des Heils. Und so sind wir eingeladen, den Weg der Barmherzigkeit einzuschlagen und dem Bösen zusammen mit Jesus eine Grenze zu setzen.

    Beten wir zum Herrn, auf dass er uns helfen möge; auf dass er uns helfe, von seiner Barmherzigkeit angesteckt zu werden. Beten wir zur allerseligsten Gottesmutter Maria, der Mutter der Barmherzigkeit, dass auch wir Männer und Frauen der Barmherzigkeit sind und so zum Heil der Welt beitragen können, zum Heil des Menschen, der Gottes Geschöpf ist. Amen.

    ZENIT-Übersetzung; © Copyright 2006 des italienischen Originals – Libreria Editrice Vaticana

    [Modificato da @Andrea M.@ 06/04/2007 12.47]

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    @Andrea M.@
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    00 06/04/2007 11:59
    Das Osterfest 2006 mit Papst Benedikt XVI.
    Der Papst erklärt am Osterfest das Wesen der Taufe

    "Seine Auferstehung wird dank der Taufe unsere Auferstehung"

    ROM, 16. April 2006 (ZENIT.org).- "Vom auferstandenen Christus erwarten – manchmal auch unbewusst – all jene Hoffnung, die immer noch eingezwängt sind durch die Fesseln des Leidens und des Todes", rief Papst Benedikt den Hunderttausenden von Menschen aus aller Welt zu, die mit ihm den heutigen Ostersonntag begingen.

    20 Blumenbinder hatten den Petersplatz mit prachtvollen Blumen geschmückt, die bereits seit 21 Jahren aus den Niederlanden kommen und ein deutliches Zeichen für den Sieg des Lebens über den Tod geben wollen. Sie bildeten gewissermaßen eine sichtbare Einführung zu den Worten Benedikts XVI., der darauf hinwies, dass die Auferstehung Christi "dank der Taufe, die uns in ihn 'einfügt', unsere Auferstehung" werde. Der Papst, der am heutigen Tag seinen 79-jährigen Geburtstag feierte, nahm damit ein Thema auf, dass er während der Osternacht ausführlich beleuchtet hatte.

    "Die große Explosion der Auferstehung hat in der Taufe nach uns gegriffen", hatte er plastisch erklärt. "So gehören wir einer neuen Dimension des Lebens zu, in die wir mitten in den Bedrängnissen dieser Zeit schon hineingehalten sind. In diesen offenen Raum hineinzuleben, das heißt getauft sein, das heißt Christ sein. Das ist die Freude der Osternacht."

    Aus diesem Grund sei Auferstehung nicht etwas Vergangenes: "An ihr, das heißt am auferstandenen Herrn, halten wir uns fest, und wir wissen: Er hält uns fest, wenn unsere Hände zu schwach werden. An ihm halten wir uns fest, so halten wir auch einander fest, werden einer, nicht nur eins. Ich, doch nicht mehr ich: Das ist die von der Taufe vorgegebene Formel der christlichen Existenz, die Formel der Auferstehung mitten in der Zeit. Ich, doch nicht mehr ich: Wenn wir so leben, gestalten wir die Welt um. Es ist die Gegenformel zu allen Ideologien der Gewalt und das Gegenprogramm zu Korruption und Suche nach Macht und Habe."

    Das Wesen der Taufte hatte Benedikt XVI. in der Ostervigil mit folgender Definition auf den Punkt gebracht: "Das eigene Ich wird mir genommen und eingefügt in ein größeres, in ein neues Subjekt. Dann ist es wieder da, aber eben verwandelt, umgebrochen, aufgebrochen durch die Zugehörigkeit zum anderen, in dem es seinen neuen Existenzraum hat." Durch die Taufe sei dem Menschen ein völlig neues Leben geschenkt: "Wir leben durch das Mitsein mit ihm, durch das Angeheftetsein an ihn, der das Leben selber ist."

    In diesem Zusammenhang hatte der Heilige Vater eine zentrale, oft wiederholte Aussage seiner ersten Enzyklika mit anderen Worten neu zum Ausdruck gebracht: "Leben kommt uns aus dem Geliebtsein von dem, der das Leben ist; aus dem Mitlieben und Mitleben mit ihm. Ich, doch nicht mehr ich: Das ist der Weg des Kreuzes, der Durchkreuzung einer bloß ins Ich eingeschlossenen Existenz, und gerade so öffnet sich die wahre, die bleibende Freude."
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    @Andrea M.@
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    00 06/04/2007 12:00
    Die Predigt in der Osternacht 2006
    "Was bedeutet Auferstehung für uns?": Predigt Benedikt XVI. in der Osternacht 2006

    "Hineingerissensein in ein Leben, das aus dem Zusammenhang von Stirb und Werde herausgetreten ist"

    ROM, 16. April 2006 (ZENIT.org).- Wir veröffentlichen die vom Heiligen Stuhl zur Verfügung gestellte deutschsprachige Übersetzung jener Predigt, die der Heilige Vater während der Osternacht 2006 im Petersdom gehalten hat.

    "Ich, doch nicht mehr ich: Das ist die von der Taufe vorgegebene Formel der christlichen Existenz, die Formel der Auferstehung mitten in der Zeit. Ich, doch nicht mehr ich: Wenn wir so leben, gestalten wir die Welt um. Es ist die Gegenformel zu allen Ideologien der Gewalt und das Gegenprogramm zu Korruption und Suche nach Macht und Habe (…).Ich, doch nicht mehr ich: Das ist der Weg des Kreuzes, der Durchkreuzung einer bloß ins Ich eingeschlossenen Existenz, und gerade so öffnet sich die wahre, die bleibende Freude."

    * * *

    "Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier" (Mk 16,6). So sagt der ins Gewand des Lichtes gekleidete Gottesbote zu den Frauen, die den Leichnam Jesu im Grab suchen. So sagt es der Evangelist in dieser heiligen Nacht aber auch zu uns: Jesus ist nicht eine Gestalt der Vergangenheit. Er lebt, und als Lebender geht er uns voraus; er ruft uns, ihm, dem Lebenden nachzugehen und so selber den Weg des Lebens zu finden.

    "Er ist auferstanden... Er ist nicht hier." Als Jesus zum ersten Mal zu den Jüngern von Kreuz und Auferstehung gesprochen hatte, fragten die Jünger einander beim Herabsteigen vom Berg der Verklärung, was das sei "von den Toten auferstehen" (Mk 9,10). An Ostern freuen wir uns darüber, dass Christus nicht im Grab geblieben, dass sein Leichnam nicht verwest ist; dass er der Welt der Lebenden und nicht der Toten zugehört; dass er – wie wir im Ritus der Osterkerze sagen – Alpha und Omega zugleich ist, also nicht nur gestern ist, sondern heute und in Ewigkeit (vgl. Hebr 13,8). Aber irgendwie liegt Auferstehung so weit außerhalb unseres Horizonts, außerhalb all unserer Erfahrungen, dass wir, wenn wir in uns gehen, den Disput der Jünger fortführen: Was ist das nun eigentlich: "auferstehen"? Was bedeutet es für uns? Für die Welt und die Geschichte im Ganzen?

    Ein deutscher Theologe hat einmal ironisch gesagt, das Mirakel einer wiederbelebten Leiche – wenn es denn stattgefunden habe, was er nicht glaubte – sei letztlich unwichtig, es betreffe uns ja nicht. In der Tat: Wenn da nur einer irgendwann einmal wiederbelebt worden wäre, nichts sonst, was sollte uns das angehen?

    Aber Christi Auferstehung ist eben mehr, ist etwas anderes. Sie ist – wenn wir einmal die Sprache der Evolutionslehre benützen dürfen – die größte "Mutation", der absolut entscheidendste Sprung in ganz Neues hinein, der in der langen Geschichte des Lebens und seiner Entwicklungen geschehen ist: ein Sprung in eine ganz neue Ordnung, der uns angeht und die ganze Geschichte betrifft.

    So würde der mit den Jüngern geführte Disput die folgenden Fragen umfassen: Was ist da geschehen? Was bedeutet es für uns, für die Welt im Ganzen und für mich persönlich? Zunächst also – was ist geschehen?

    Jesus ist nicht mehr im Grab. Er ist in einem ganz neuen Leben. Aber wie war das möglich? Welche Kräfte wirkten da?

    Entscheidend ist, dass dieser Mensch Jesus nicht allein war, kein in sich abgeschlossenes Ich. Er war eins mit dem lebendigen Gott, so sehr eins, dass er nur eine Person mit ihm bildete. Er stand sozusagen nicht nur in einer gefühlsmäßigen, sondern in einer sein Sein umspannenden und es durchdringenden Umarmung mit dem, der das Leben selber ist. Sein eigenes Leben war nicht bloß sein Eigen, es war Mitsein und Insein mit Gott, und daher konnte es ihm gar nicht wirklich genommen werden. Er konnte sich aus Liebe töten lassen, aber gerade so zerbrach er die Endgültigkeit des Todes, weil in ihm die Endgültigkeit des Lebens da war. Er war so eins mit dem unzerstörbaren Leben, dass es durch den Tod hindurch neu aufbrach.

    Sagen wir dasselbe noch einmal von einer anderen Seite her: Sein Tod war ein Akt der Liebe. Im Abendmahl hat er den Tod vorweggenommen und in eine Gabe seiner selbst umgewandelt. Sein Mitsein mit Gott war konkret Mitsein mit Gottes Liebe, und die ist die wahre Macht gegen den Tod, stärker als der Tod. Auferstehung war gleichsam eine Explosion des Lichts, eine Explosion der Liebe, die das bislang unauflösbare Geflecht von "Stirb und Werde" aufgelöst hat. Sie hat eine neue Dimension des Seins, des Lebens eröffnet, in die verwandelt auch die Materie hineingeholt ist und durch die eine neue Welt heraufsteigt.

    Es ist klar, dass dieses Ereignis nicht irgendein vergangenes Mirakel darstellt, dessen Tatsächlichkeit uns letztlich gleichgültig sein könnte. Es ist ein Durchbruch in der Geschichte "der Evolution" und des Lebens überhaupt zu einem neuen künftigen Leben; zu einer neuen Welt, die von Christus her immerfort schon in diese unsere Welt eindringt, sie umgestaltet und an sich zieht. Aber wie geschieht das? Wie kann dieses Ereignis wirklich bei mir ankommen und mein Leben in sich hinein- und hinaufziehen?

    Die zunächst vielleicht überraschend erscheinende, aber ganz reale Antwort darauf lautet: Es kommt zu mir durch Glaube und Taufe. Deswegen gehört die Taufe zur Osternacht; das wird auch in dieser Feier unterstrichen durch die Spendung der Sakramente der christlichen Initiation an einige Erwachsene aus verschiedenen Ländern. Die Taufe bedeutet genau dies: dass wir nicht von einem vergangenen Ereignis reden hören, sondern dass ein weltgeschichtlicher Durchbruch zu mir kommt und nach mir greift. Taufe ist etwas ganz anderes als ein Akt kirchlicher Sozialisierung, als eine etwas altmodische und umständliche Form, Menschen in die Kirche aufzunehmen. Sie ist auch mehr als eine bloße Abwaschung, als eine Art seelischer Reinigung und Verschönerung. Sie ist wirklich Tod und Auferstehung, Wiedergeburt, Umbruch in ein neues Leben hinein.

    Wie sollen wir das verstehen? Ich denke, was da geschieht, werde uns am ehesten klar, wenn wir den Schluss der kleinen geistlichen Autobiographie ansehen, die uns Paulus in seinem Galater-Brief geschenkt hat. Sie schließt mit den Worten, die zugleich den Kern dieser Biographie beinhalten: Ich lebe, doch "nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir" (Gal 2,20). Ich, doch nicht mehr ich.

    Das Ich selber, die eigentliche Identität des Menschen – dieses Menschen Paulus – ist verändert worden. Er existiert noch, und er existiert nicht mehr. Er ist durch ein "Nicht" hindurchgegangen und steht immerfort in diesem "Nicht". Ich, doch "nicht" mehr ich.

    Paulus beschreibt damit nicht irgendein mystisches Erlebnis, das ihm etwa geschenkt worden wäre und das uns im letzten allenfalls historisch interessieren könnte. Nein, dieser Satz ist Ausdruck dessen, was in der Taufe geschah. Das eigene Ich wird mir genommen und eingefügt in ein größeres, in ein neues Subjekt. Dann ist es wieder da, aber eben verwandelt, umgebrochen, aufgebrochen durch die Zugehörigkeit zum anderen, in dem es seinen neuen Existenzraum hat.

    Paulus macht uns dasselbe noch einmal von einer anderen Seite her klar, wenn er im dritten Kapitel des Galater-Briefs von der Verheißung spricht und sagt, dass sie im Singular gegeben sei – nur einem: Christus. Er allein trägt alle Verheißung in sich. Aber was ist dann mit uns? Ihr seid einer geworden in Christus, sagt Paulus dazu (vgl. 3,28).

    Nicht eins, sondern einer, ein einziger, ein einziges neues Subjekt. Diese Befreiung unseres Ich aus seiner Isolation, dieses Stehen in einem neuen Subjekt ist Stehen in der Weite Gottes und Hineingerissensein in ein Leben, das aus dem Zusammenhang von Stirb und Werde herausgetreten ist, jetzt schon. Die große Explosion der Auferstehung hat in der Taufe nach uns gegriffen. So gehören wir einer neuen Dimension des Lebens zu, in die wir mitten in den Bedrängnissen dieser Zeit schon hineingehalten sind. In diesen offenen Raum hineinzuleben, das heißt getauft sein, das heißt Christ sein. Das ist die Freude der Osternacht. Die Auferstehung ist nicht vergangen, die Auferstehung hat nach uns gegriffen, hat uns ergriffen. An ihr, das heißt am auferstandenen Herrn, halten wir uns fest, und wir wissen: Er hält uns fest, wenn unsere Hände zu schwach werden. An ihm halten wir uns fest, so halten wir auch einander fest, werden einer, nicht nur eins. Ich, doch nicht mehr ich: Das ist die von der Taufe vorgegebene Formel der christlichen Existenz, die Formel der Auferstehung mitten in der Zeit. Ich, doch nicht mehr ich: Wenn wir so leben, gestalten wir die Welt um. Es ist die Gegenformel zu allen Ideologien der Gewalt und das Gegenprogramm zu Korruption und Suche nach Macht und Habe.

    "Ich lebe und ihr werdet leben", sagt Jesus im Johannes-Evangelium (14,19) zu seinen Jüngern, das heißt zu uns. Wir leben durch das Mitsein mit ihm, durch das Angeheftetsein an ihn, der das Leben selber ist.

    Ewiges Leben, selige Unsterblichkeit haben wir nicht aus uns selbst und nicht in uns selbst, sondern durch eine Relation – durch das Mitsein mit dem, der die Wahrheit und die Liebe und darum ewig, Gott selber ist. Die bloße Unzerstörbarkeit der Seele allein könnte ewigem Leben keinen Sinn geben, es nicht zu wirklichem Leben machen. Leben kommt uns aus dem Geliebtsein von dem, der das Leben ist; aus dem Mitlieben und Mitleben mit ihm. Ich, doch nicht mehr ich: Das ist der Weg des Kreuzes, der Durchkreuzung einer bloß ins Ich eingeschlossenen Existenz, und gerade so öffnet sich die wahre, die bleibende Freude.

    So können wir mit der Kirche voll Freude im Exsultet singen: "Frohlocket, ihr Chöre der Engel... Lobsinge, du Erde!" Die Auferstehung ist ein kosmisches Ereignis, das Himmel und Erde umfasst und zueinander bringt. Und ebenso können wir mit dem Exsultet rufen: "Dein Sohn, unser Herr Jesus Christus, der von den Toten erstand, der den Menschen erstrahlt in österlichem Licht – er lebt und herrscht in Ewigkeit." Amen!

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    00 06/04/2007 12:03
    Die Osterbotschaft 2006 des Papstes
    Benedikt XVI. fordert ganzherzigen Friedenseinsatz

    Zu den vorrangigen Anliegen zählt die Unterstützung der palästinensischen Bevölkerung

    ROM, 16. April 2006 (ZENIT.org).- Am heutigen Ostersonntag, der mit seinem 79. Geburtstag zusammenfällt, rief Papst Benedikt dazu auf, alles zu tun, um die schwellenden Konfliktherde in der Welt von heute einer friedlichen Lösung zuzuführen.

    "Heute, auch in dieser unserer von Unruhe und Unsicherheit gezeichneten Zeit, erleben wir erneut das Ereignis der Auferstehung, die das Wesen unseres Lebens verwandelt, die Geschichte der Menschheit verändert hat", erklärte der Heilige Vater heute, Sonntag, vor Hunderttausenden von Menschen auf dem Petersplatz. Unter den Gläubigen, die zunächst an der Heiligen Messe unter freiem Himmel teilgenommen hatten, befanden sich rund 16.000 Pilger aus Deutschland, die sich lautstark bemerkbar machten, als der Papst nach der Eucharistiefeier von der Loggia an der Hauptfassade des Petersdoms aus die traditionellen Ostergrüße auf Deutsch vortrug. Zuvor hatte er Gott in seiner ersten Osterbotschaft für die von Krieg, Spaltung und Armut heimgesuchten Völker der Erde um "Erleichterung", Sicherheit und Frieden gebeten.

    An erster Stelle gedachte Benedikt XVI. der Bevölkerung der südsudanesischen Krisenregion Darfur, "die sich in einer nicht mehr erträglichen dramatischen humanitären Situation befindet", sowie der Not leidenden Menschen in der Region der Großen Seen Afrikas (in der Demokratischen Republik Kongo, Ruanda und Burundi), "wo viele Wunden noch nicht verheilt sind". Der heilige Vater betete auch für alle übrigen afrikanischen Völker, "die sich nach Versöhnung, Gerechtigkeit und Entwicklung sehnen".

    Nachdem er die schwierige Lage im Irak angesprochen hatte – "über die tragische Gewalt im Irak, die weiterhin erbarmungslos Opfer dahinrafft, obsiege endlich der Friede" –, ging der Nachfolger von Papst Johannes Paul II. auf die Situation in Israel/Palästina ein.

    "Frieden wünsche ich von Herzen auch denen, die in den Konflikt im Heiligen Land verwickelt sind, und ermutige alle zu einem geduldigen und beharrlichen Dialog, der die alten und neuen Hindernisse aus dem Wege räumt. Die Internationale Gemeinschaft, die das Recht Israels auf eine Existenz in Frieden erneut bekräftigt, möge dem palästinensischen Volk helfen, die prekären Umstände, unter denen es lebt, zu überwinden und seine Zukunft aufzubauen, indem es der Bildung eines wirklichen Staates entgegengeht." Der lateinische Patriarch Michel Sabbah von Jerusalem hatte in seiner diesjährigen Osterbotschaft 2006 alle Konfliktparteien zu einem Gesinnungswandel und einem völligen Neubeginn der Friedensbemühungen aufgerufen.

    Papst Benedikt betete anschließend für bessere Lebensbedingungen "von Millionen von Menschen" in Lateinamerika. Er verurteilte die dort gängige "verabscheuenswürdige Plage der Entführungen", die ausgemerzt gehöre, und forderte die Festigung der demokratischen Institutionen in diesen Ländern.

    Hinsichtlich des Atomstreits mit dem Iran sprach sich der Heilige Vater für "ernsthafte und aufrichtige Verhandlungen" aus, um abschließend die Verantwortlichen der Nationen und der Internationalen Organisationen darum zu bitten, sich engagiert dafür einzusetzen, damit "ein friedliches Zusammenleben zwischen Ethnien, Kulturen und Religionen" gewährleistet sei. Dadurch könne "die drohende Gefahr des Terrorismus" ferngehalten werden.
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    @Andrea M.@
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    00 06/04/2007 12:05
    Die Botschaft im Wortlaut
    "Christus selbst ist der Friede": Osterbotschaft 2006 von Papst Benedikt XVI.

    Der Papst denkt vor allem an die Krisenregionen Afrikas, die unsichere Lage im Irak und den schwellenden Konflikt im Heilige Land

    ROM, 16. April 2006 (ZENIT.org).- Heute, am Ostersonntag, hat Papst Benedikt XVI. zum ersten Mal in seinem knapp einjährigen Pontifikat die traditionelle päpstliche Osterbotschaft vorgetragen.

    An seinem 79. Geburtstag appellierte der Petrusnachfolger inständig an alle Menschen, sich für den Frieden des auferstandenen Christus zu öffnen. Vor Hunderttausenden von Gläubigen, die auf dem Petersplatz zusammengekommen waren und auch die Via della Conziliazione säumten, rief er insbesondere zu einer baldigen Lösung des schwellenden Konflikts im Heiligen Land an. In diesem Zusammenhang forderte er die internationale Staatengemeinschaft dazu auf, die Errichtung eines Palästinenserstaates nicht auf die "lange Bank" zu schieben.

    Allen Gläubigen rief der Papst vom Balkon an der Hauptfassade des Petersdoms aus zu: "Die Menschheit des dritten Jahrtausends scheue sich nicht, ihm [Christus] das Herz zu öffnen. Sein Evangelium stillt in Fülle den Durst nach Frieden und Glück, der in jedem menschlichen Herzen wohnt." Die Auferstehung Jesu Christi "wird dank der Taufe, die uns in ihn 'einfügt', unsere Auferstehung".

    * * *

    Liebe Brüder und Schwestern!

    Christus resurrexit! – Christus ist auferstanden!

    Die große Vigilfeier in dieser Nacht hat uns das entscheidende und stets aktuelle Ereignis der Auferstehung, das zentrale Mysterium des christlichen Glaubens, neu erleben lassen. Unzählige Osterkerzen sind in den Kirchen entzündet worden, um das Licht Christi zu symbolisieren, das die Menschheit erleuchtet hat und weiter erleuchtet, indem es die Finsternis der Sünde und des Bösen für immer besiegt. Und heute ertönen machtvoll die Worte, welche die Frauen in Erstaunen setzten, die am ersten Tag nach dem Sabbat zum Grab gekommen waren, wo man den eilig vom Kreuz abgenommenen Leichnam Jesu beigesetzt hatte. Betrübt und untröstlich über den Verlust ihres Meisters, hatten sie den großen Stein schon vom Eingang weggewälzt vorgefunden, und beim Eintreten in das Grab sahen sie, dass sein Leib nicht mehr da war. Während sie so verunsichert und verloren dastanden, wurden sie von zwei Männern in leuchtenden Gewändern überrascht, die sagten: "Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden" (Lk 24,5-6). "Non est hic, sed resurrexit" (Lk 24,6). Seit jenem Morgen hören diese Worte nicht auf, im Universum nachzuklingen als Verkündigung der Freude – eine Verkündigung, die unverändert die Jahrhunderte durchzieht und zugleich reich ist an unendlichen und immer neuen Resonanzen.

    "Er ist nicht hier… er ist auferstanden." Die himmlischen Boten teilen zunächst mit, dass Jesus "nicht hier" ist: Der Sohn Gottes ist nicht mehr im Grab, denn er konnte unmöglich ein Gefangener des Todes bleiben (vgl. Apg 2,24), und das Grab konnte den "Lebendigen" (vgl. Offb 1,18), der die Quelle des Lebens selber ist, nicht festhalten. Wie Jona im Bauch des Fisches, so blieb auch der gekreuzigte Christus im Verlauf eines Sabbats "verschlungen" im Innern der Erde (vgl. Mt 12,40). Es war wirklich "dieser Sabbat ein großer Feiertag", wie der Evangelist Johannes schreibt (19,31): der feierlichste der Geschichte, denn an ihm führte der "Herr über den Sabbat" (Mt 12, 8) das Schöpfungswerk zur Vollendung (vgl. Gen 2, 1-4a), indem er den Menschen und den gesamten Kosmos in die Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes erhob (vgl. Röm 8,21). Nachdem dieses außerordentliche Werk vollbracht war, ist der leblose Leib vom lebendigen Atem Gottes durchweht worden, hat das Hindernis des Grabes gesprengt und ist glorreich auferstanden. Darum erklären die Engel: "Er ist nicht hier", er kann sich nicht mehr im Grab befinden. Er ist auf der Erde der Menschen unterwegs gewesen und hat seinen Weg im Grab beendet wie alle, doch er hat den Tod überwunden, und in absolut neuer Weise, durch einen Akt reiner Liebe, hat er die Erde geöffnet, sie weit aufgerissen zum Himmel hin.

    Seine Auferstehung wird dank der Taufe, die uns in ihn "einfügt", unsere Auferstehung. Das hatte der Prophet Ezechiel vorhergesagt: "Ich öffne eure Gräber und hole euch, mein Volk, aus euren Gräbern heraus. Ich bringe euch zurück in das Land Israel" (Ez 37,12). Diese prophetischen Worte bekommen am Ostertag eine einzigartige Gültigkeit, denn heute erfüllt sich die Verheißung des Schöpfers; heute, auch in dieser unserer von Unruhe und Unsicherheit gezeichneten Zeit, erleben wir erneut das Ereignis der Auferstehung, die das Wesen unseres Lebens verwandelt, die Geschichte der Menschheit verändert hat. Vom auferstandenen Christus erwarten – manchmal auch unbewusst – all jene Hoffnung, die immer noch eingezwängt sind durch die Fesseln des Leidens und des Todes.

    Möge der Geist des Auferstandenen Erleichterung und Sicherheit bringen, in Afrika besonders für die Bevölkerung von Darfur, die sich in einer nicht mehr erträglichen dramatischen humanitären Situation befindet; für die Menschen in der Region der Großen Seen, wo viele Wunden noch nicht verheilt sind, und für die verschiedenen Völker Afrikas, die sich nach Versöhnung, Gerechtigkeit und Entwicklung sehnen. Über die tragische Gewalt im Irak, die weiterhin erbarmungslos Opfer dahinrafft, obsiege endlich der Friede. Frieden wünsche ich von Herzen auch denen, die in den Konflikt im Heiligen Land verwickelt sind, und ermutige alle zu einem geduldigen und beharrlichen Dialog, der die alten und neuen Hindernisse aus dem Wege räumt. Die Internationale Gemeinschaft, die das Recht Israels auf eine Existenz in Frieden erneut bekräftigt, möge dem palästinensischen Volk helfen, die prekären Umstände, unter denen es lebt, zu überwinden und seine Zukunft aufzubauen, indem es der Bildung eines wirklichen Staates entgegengeht. Der Geist des Auferstandenen löse in den Bemühungen der Länder Lateinamerikas eine erneute Dynamik aus, damit die Lebensbedingungen von Millionen von Menschen verbessert werden, die verabscheuenswürdige Plage der Entführungen ausgemerzt wird die demokratischen Institutionen gefestigt werden in einer Grundhaltung der Eintracht und der tätigen Solidarität. Was die internationalen Krisen im Zusammenhang mit der Atomkraft angeht, so möge durch ernsthafte und aufrichtige Verhandlungen eine für alle ehrenvolle Schlichtung erreicht werden; bei den Verantwortlichen der Nationen und der Internationalen Organisationen stärke sich der Wille, ein friedliches Zusammenleben zwischen Ethnien, Kulturen und Religionen zu verwirklichen, das die drohende Gefahr des Terrorismus fernhält.

    Der auferstandene Herr mache überall seine Kraft des Lebens, des Friedens und der Freiheit spürbar. An alle sind heute die Worte gerichtet, mit denen der Engel am Ostermorgen die verängstigten Herzen der Frauen beruhigte: "Fürchtet euch nicht! … Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden" (Mt 28,5-6). Jesus ist auferstanden und schenkt uns den Frieden; er selbst ist der Friede. Darum wiederholt die Kirche mit Nachdruck: "Christus ist auferstanden – Christós anésti." Die Menschheit des dritten Jahrtausends scheue sich nicht, ihm das Herz zu öffnen. Sein Evangelium stillt in Fülle den Durst nach Frieden und Glück, der in jedem menschlichen Herzen wohnt. Christus lebt im Jetzt und geht mit uns. Welch unermessliches Geheimnis der Liebe! Christus resurrexit, quia Deus caritas est! Alleluia!

    [Vor der Spendung des traditionellen Ostersegens "Urbi et Orbi" (für die Stadt Rom und den Erdkreis) formulierte der Papst in 62 Sprachen Ostergrüße. Auf deutsch sagte er:]

    Euch allen ein gesegnetes und frohes Osterfest! Der Friede und die Freude des auferstandenen Herrn seien mit Euch!

    © Copyright 2006 der deutschen Übersetzung – Libreria Editrice Vaticana
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    @Andrea M.@
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    00 06/04/2007 12:40
    Die Chrisam-Messe am Gründonnerstag 2007
    „Damit wir lichtvolle Menschen sind“: Benedikt XVI. feiert mit den Priestern die Chrisammesse

    „Öffnen wir unser Herz der Liebe Jesu, die die Finsternis in Licht verwandelt“

    ROM, 5. April 2007 (ZENIT.org).- Die Chrisammesse ist, wie Benedikt XVI. während der Generalaudienz am Mittwoch erklärte, ein „Präludium zum Sacrum Triduum“: Bischof und Priester erneuern vor dem Volk Gottes die Gelübde, die sie am Tag ihrer Priester- und Bischofsweihe gesprochen haben. Die Chrisammesse ist sichtbares Zeichen der starken kirchlichen Gemeinschaft, das auf das göttliche Geschenk der Eucharistie hinführt.

    Während der Chrisammesse werden die heiligen Öle für die Katechumenen, die Krankensalbung (Olivenöl ohne Beimischungen) und das Heilige Chrisam (vom griechischen Wort „chrisma“: mit Balsam veredeltes Salböl) gesegnet.

    In seiner Predigt erklärte der Heilige Vater die erste Lehre, die uns der Beginn des Sacrum Triduum vermittelt: „Nur die Liebe Christi entfernt den Schmutz aus unserem Leben.“ Die Priester müssen kraft der Taufe und insbesondere der Priesterweihe wie Jesus werden: „Menschen, die lieben“ – denn ohne Liebe könne man nicht in das Himmelreich eintreten. Das von Gott geforderte weiße Gewand sei das Gewand der Liebe zu Gott und zu den Brüdern.

    Die Predigt des Papstes nahm zum Ausgangspunkt die Reflexion über die Bedeutung der heiligen Paramente, mit denen der Priester während der Liturgie bekleidet ist.

    Die heiligen Gewänder anzulegen bedeute, seine Kleider zu wechseln, aber auch die Art, wie man die Dinge sieht, und sich so ganz an die Seite Gottes zu stellen. Der erste, der sein Gewand mit dem Menschen gewechselt habe, war Jesus: „Er hat das angenommen, was unser war, damit wir das empfangen können, was sein ist, damit wir Gott ähnlich werden können.“

    In der Taufe schenkt uns Christus nach Worten Benedikts XVI. „seine Kleider, und diese sind nicht etwas Äußerliches. Christus hat als erster unsere Gewänder angezogen: den Schmerz, die Freude, Mensch zu sein; den Hunger, den Durst, die Müdigkeit, die Hoffnung und die Enttäuschung, die Todesangst, all unsere Ängste bis hin zum Tod. Und er hat uns seine ‚Kleider‘ gegeben.“ Das gelte ausnahmslos für alle Christen. Bei der Priesterweihe aber ereigne sich zwischen Jesus und den Weihekandidaten ein weiterer Kleidertausch.

    Der Priester stelle sich in den heiligen Geheimnissen nicht selbst dar und er spreche auch nicht, „um sich selbst zum Ausdruck zu bringen, sondern er spricht für den Anderen – für Christus. So wird in den Sakramenten auf dramatische Weise das sichtbar, was das Priestersein im Allgemeinen bedeutet: das, was wir mir unserem ‚Adsum – ich bin bereit‘ während der Priesterweihe gesagt haben: ‚Ich bin hier, damit du über mich verfügen kannst.‘ Wir stellen uns dem zur Verfügung, der ‚für alle gestorben ist, damit die Lebenden nicht mehr für sich leben‘ (2 Kor 5,15). Sich Christus zur Verfügung stellen heißt, dass wir uns in sein ‚Für-alle‘ hineinziehen lassen: Indem wir mit ihm sind, können wir wirklich ‚für alle‘ da sein.“

    Die Gewänder des Priesters, die sich im Lauf der Jahrhunderte entwickelt haben, „sind ein tiefer symbolischer Ausdruck für das, was das Priestertum bedeutet“.

    Benedikt XVI. erläuterte den Sinn der verschiedenen Teile des Priestergewands und zeigte auf diese Weise auf, was es heißt, „in persona Christi zu sprechen und zu handeln“. Das Herz müsse beim Herrn sein; das sei die rechte Weise des Zelebrierens, der Sinn der „ars celebrandi“.

    Der Papst wandte sich in seiner Predigt direkt an die Priester: Wenn wir uns der Liturgie annähern, um in persona Christi zu handeln, „so bemerken wir alle, wie weit entfernt wir von ihm sind; wie viel Schmutz es in unserem Leben gibt. Er allein kann uns das Festgewand geben, uns würdig machen, seinem Mahl vorzustehen, in seinem Dienst zu stehen“. Die eigenen Gewänder müssten, so der Papst, im Blut des Lammes gewaschen werden.

    „Schon als ich klein war“, fuhr Benedikt XVI. fort, „habe ich mich gefragt: Wenn man etwas im Blut wäscht, so wird es doch sicher nicht weiß! Die Antwort ist: Das ‚Blut des Lammes‘ ist die Liebe des gekreuzigten Christus. Es ist diese Liebe, die unsere schmutzigen Gewänder strahlend macht; die unseren verfinsterten Geist wahrhaftig und erleuchtet macht; die uns trotz all unserer Finsternis in ‚Licht des Herrn‘ verwandelt.“

    Dem Brautgewand müsse allerdings das „Gewand der Liebe“ zu Gott und zum Nächsten hinzugefügt werden. Ein Mensch ohne Liebe ist „finster in seinem Innern. Die äußere Finsternis, von der das Evangelium spricht, ist nur der Abglanz der inneren Blindheit des Herzens.“

    Am Ende seiner Predigt wies der Heilige Vater darauf hin, dass sich jeder angesichts der bevorstehenden Feier der Eucharistie fragen müsse, ob er tatsächlich dieses Gewand der Liebe trage. „Wir bitten den Herrn darum, jede Feindseligkeit aus unserem Innern zu entfernen, jeden Sinn der Selbstgenügsamkeit wegzunehmen und uns wirklich mit dem Gewand der Liebe zu kleiden, damit wir lichtvolle Menschen sind und nicht der Finsternis zugehören. Und man muss von Jesus lernen, von Herzen sanftmütig und demütig zu sein.“

    Das Joch des Priesters bestehe darin, mit Christus zu lieben. „Und je mehr wir ihn und mit ihm lieben, desto mehr werden wir Menschen sein, die lieben; desto leichter wird für uns sein scheinbar so schweres Joch.“

    [Modificato da @Andrea M.@ 06/04/2007 12.50]

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    @Andrea M.@
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    00 06/04/2007 12:53
    Der Abendmahlsgottesdienst am Gründonnerstag
    Benedikt XVI. feierte die „Missa in cena Domini“ in der Lateranbasilika

    „Die Liebe Jesu, Sohn Gottes und wahrer Mensch, kann retten“

    ROM, 6. April 2007 (ZENIT.org).- Papst Benedikt XVI. feierte am Gründonnerstag den Abendmahlsgottesdienst der Tradition entsprechend in der Päpstlichen Lateranbasilika. Die Basilika des heiligen Johannes des Täufers ist die Bischofskirche Roms. Während der Liturgie vollzog der Papst den Ritus der Fußwaschung.

    Wie in den letzten Tagen angekündigt worden war, bestimmte der Heilige Vater die Kollekte der „Missa in cena Domini“ dieses Jahr für das Krankenhaus der Caritas Somalia in Baidoa. Mit der Schenkung soll der schwerwiegenden Situation des Gesundheitswesens des Landes entgegengewirkt werden. Diese verschlimmerte sich in den letzten Tagen durch weitere Spannungen, die zwischen der somalischen Regierung und den islamischen Milizen aufgetreten sind.

    In seiner Predigt erklärte der Papst den ursprünglichen Sinn des jüdischen Osterfestes und der radikalen Neuheit des christliche Ostern: die Eucharistie.

    Im Mittelpunkt der jüdischen Osterfeier stand demnach das Lamm als Symbol der Befreiung von der Knechtschaft in Ägypten. Aus diesem Grund gehörte, wie der Papst verdeutlichte, das Lamm zum traditionellen Mahl des jüdischen Osterfestes. So gedachte Israel der Größe des barmherzigen Gottes, der es rettete.

    Das Gedenken schließt nach Worten Benedikts XVI. Lob und Dank ein. „Gott zu danken und zu lobpreisen erreichte seinen Höhepunkt in der ‚berakha‘, was auf Griechisch ‚eulogia‘ oder ‚eucharistia‘ heißt: Der Lobpreis Gottes wird zum Segen für die, die ihn lobpreisen. Das Gott geschenkte Opfer kehrt gesegnet zum Menschen zurück.“

    Dieses dankbare Gedenken der Taten Gottes in der Vergangenheit wurde so gleichzeitig Flehen und Hoffnung: „Vollende das, was du begonnen hast! Schenke uns die endgültige Freiheit!“

    In diesem Kontext sei das neue Ostern zu verstehen, das Jesus uns in der heiligen Eucharistie geschenkt hat. Benedikt XVI. erklärte die unterschiedlichen evangelischen Berichte über das Geschehen am Gründonnerstag und wies darauf hin, dass beim Vergleich des Berichts des heiligen Johannes und der anderen Berichte ein „scheinbarer Widerspruch“ aufscheine.

    Nach Johannes starb Jesus auf dem Kreuz genau in dem Augenblick, in dem im Tempel die Osterlämmer geopfert wurden. „Dies bedeutet aber, dass er am Vorabend des Paschafestes starb und somit nicht persönlich das Paschamahl feiern konnte. Jedenfalls scheint es so. Laut den synoptischen Evangelisten hingegen war das Letzte Abendmahl Jesu das Paschamahl, in dessen traditionelle Form er die Neuheit des Geschenks seines Leibes und seines Blutes eingliederte.“

    Bis vor einigen Jahren, so der Papst weiter, schien dieser Widerspruch unauflöslich zu sein. Die Entdeckung der Schriftrollen von Qumran hingegen hat zu einer möglichen überzeugenden Lösung geführt, „die zwar nicht von allen akzeptiert wird, dennoch aber einen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit besitzt. Wir können jetzt sagen, dass das, was Johannes sagt, historisch genau ist.“

    Wie der Heilige Vater erklärte, „feierte Jesus das Paschamahl zusammen mit seinen Jüngern wahrscheinlich nach dem Qumran-Kalender, das heißt mindestens einen Tag früher – er hat es ohne Lamm gefeiert, wie die Gemeinde von Qumran, die den Tempel des Herodes nicht anerkannte und in Erwartung des neuen Tempels verharrte.“

    Jesus habe Ostern somit ohne Lamm gefeiert – „nein, nicht ohne Lamm: anstelle des Lammes hat er sich selbst dahingegeben, seinen Leib und sein Blut“. Jesus habe sein Leben geschenkt: „Nur so erlangte das alte Osterfest seinen Sinn.“

    Benedikt XVI. zitierte die eucharistischen Katechesen des heiligen Johannes Chrysostomus: „Jesus feierte das Osterfest ohne Lamm und ohne Tempel, und dennoch nicht ohne Lamm und ohne Tempel. Er selbst war das erwartete Lamm, jenes wahre Lamm… Und er selbst ist der wahre Tempel, der lebendige Tempel, in dem Gott wohnt und in dem wir Gott begegnen und ihn anbeten können.“

    Das Blut Christi, so fuhr der Papst fort, „die Liebe dessen, der zugleich Sohn Gottes und wahrer Mensch ist – einer von uns, dieses Blut kann retten“. Die Liebe Jesu, in der er sich uns in Freiheit schenkt, sei das, was rettet.

    Jener nostalgische, in gewisser Hinsicht wirklose Gestus des Opferns der unschuldigen Lämmer habe in ihm seine Antwort gefunden, der für uns Tempel und Lamm in einem geworden sei.

    Benedikt XVI. beschloss seine Predigt mit der Feststellung, dass im Mittelpunkt des neuen Ostern Jesu das Kreuz stehe: Die Gabe komme vom Kreuz; er opfere sich für uns. Und so sei die antike „berakha“ zu unserer Eucharistiefeier geworden, in der der Herr unsere Gaben segne, um sich uns in ihnen zu schenken.
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    @Andrea M.@
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    00 06/04/2007 12:54
    Der Kreuzweg 2007
    Kreuzweg im Kolosseum 2007: Einführung und Vorbereitungsgebet

    „Herr Jesus, gewähre uns die Tränen, die wir jetzt nicht haben“

    ROM, 5. April 2007 (ZENIT.org).- Wir veröffentlichen die Einführung und das Vorbereitungsgebet zum Kreuzweg, der am Karfreitag um 21.15 Uhr unter dem Vorsitz Benedikts XVI. im römischen Kolosseum gebetet wird.

    * * *

    BÜRO FÜR LITURGISCHE FEIERN MIT DEM HEILIGEN VATER

    KREUZWEG AM KOLOSSEUM

    UNTER DEM VORSITZ DES HEILIGEN VATERS BENEDIKT XVI.

    KARFREITAG 2007

    MEDITATIONEN VON SEINER EXZELLENZ Msgr. GIANFRANCO RAVASI

    Präfekt der Ambrosianischen Bibliothek und
    Pinakothek von Mailand

    EINFÜHRUNG

    Es war ein Frühlingsvormittag in einem Jahr zwischen 30 und 33 unserer Zeitrechnung. Auf einer Straße von Jerusalem – die in den nachfolgenden Jahrhunderten den bezeichnenden Namen »Via Dolorosa« tragen sollte – bewegte sich ein kleiner Menschenzug voran: Ein zum Tode Verurteilter, begleitet von einem Trupp römischer Soldaten, ging vorwärts. Er trug das patibulum, den Querbalken jenes Kreuzes, dessen Stamm bereits dort oben aufgestellt war, zwischen den Steinen einer kleinen felsigen Anhöhe, die auf aramäisch Golgota heißt und auf lateinisch Calvaria, das heißt »Schädel«.

    Dies war der letzte Abschnitt einer Geschichte, die jeder kennt und in deren Mittelpunkt Jesus Christus steht, der gekreuzigte und gedemütigte Mensch und auferstandene und verherrlichte Herr. Es war eine Geschichte, die in der tiefen Dunkelheit der vorangegangenen Nacht ihren Anfang genommen hatte, unter dem Laubwerk der Ölbäume eines Grundstücks, das Getsemani, also »Ölmühle«, genannt wird. Diese Geschichte hatte dann in den Palästen der religiösen und politischen Machthaber einen raschen Fortgang gefunden und war eingemündet in ein Todesurteil. Und dennoch sollte das Grab, das ein begüterter Mann namens Josef von Arimathäa großherzig zur Verfügung gestellt hatte, nicht das Ende der Geschichte jenes Verurteilten sein, anders als für viele andere gemarterte Leiber von Menschen, die grausam hingerichtet worden waren durch die Kreuzigung, die die Römern für die Aburteilung von Aufständischen und Sklaven vorsahen.

    Es sollte nämlich noch einen weiteren Abschnitt geben – überraschend und unvermutet. Jener Verurteilte, Jesus von Nazaret, sollte auf großartige Weise eine andere ihm eigene Natur offenbaren, die unter den konkreten Gesichtszügen und unter der Gestalt seines menschlichen Leibes verborgen war: seine Natur, der Sohn Gottes zu sein. Nicht in das Kreuz und in das Grab mündete diese Geschichte letztendlich ein, sondern in das Licht seiner Auferstehung und seiner Herrlichkeit. Wie der Apostel Paulus wenige Jahre später sagen würde, war er, der sich seiner Macht entäußert hatte, indem er machtlos und schwach wurde wie die Menschen und sich erniedrigte bis zum grausamen Tod am Kreuz, erhöht worden vom göttlichen Vater, der ihn zum Herrn der Erde und des Himmels, der Geschichte und der Ewigkeit gemacht hatte (vgl. Philipper 2, 6–11).

    Jahrhundertelang sind die Christen die Stationen dieses Kreuzwegs immer wieder gegangen. Der Weg führt dabei auf den Kreuzigungshügel, der Blick ist jedoch auf das Endziel, das österliche Licht, ausgerichtet. Sie taten dies als Pilger auf eben jener Straße von Jerusalem, aber auch in ihren eigenen Städten, in ihren Kirchen, in ihren Häusern. Jahrhundertelang haben Schriftsteller und Künstler, große und unbekannte, versucht, vor den staunenden und ergriffenen Augen der Gläubigen jene »Stationen« noch einmal aufleben zu lassen, wahre Augenblicke des haltmachenden Betrachtens auf dem Weg nach Golgota. So entstanden Bilder – mächtige und einfache, kunstvolle und volkstümliche, dramatische und naive.

    Auch in Rom findet an jedem Karfreitag unter dem Vorsitz des Bischofs, Papst Benedikt XVI., mit der ganzen Christenheit der Welt, vereint mit ihrem universalen Hirten, jener geistliche Weg auf den Spuren Jesu Christi statt. In diesem Jahr stammen die – narrativ-betrachtenden – Reflexionen, die die einzelnen Gebetsmomente unterteilen und dabei dem Passionsbericht des Evangelisten Lukas folgen, von einem Bibliker, Msgr. Gianfranco Ravasi, dem Präfekten der Ambrosianischen Bibliothek und Pinakothek von Mailand. Diese kulturelle Einrichtung wurde vor 400 Jahren von Kardinal Friedrich Borromäus, dem Erzbischof jener Stadt und Cousin des hl. Karl Borromäus, gegründet und zählte unter ihre Präfekten, vor 100 Jahren, Achille Ratti, den späteren Papst Pius XI.

    Gehen wir also gemeinsam diesen Gebetsweg, nicht einfach im historischen Gedenken an ein Ereignis der Vergangenheit und an einen Verstorbenen, sondern um die rauhe und harte Realität einer Geschichte zu erleben, die sich jedoch öffnet zur Hoffnung, zur Freude, zur Erlösung hin. Neben uns werden vielleicht auch diejenigen gehen, die noch auf der Suche sind und die sich unruhig fragend vorwärtsbewegen. Und während wir von Station zu Station vorangehen auf diesem Weg des Schmerzes und des Lichts, werden die nachdrücklichen Worte des Apostels Paulus widerhallen: »Verschlungen ist der Tod vom Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? … Gott aber sei Dank, der uns den Sieg geschenkt hat durch Jesus Christus, unseren Herrn« (1 Korinther 15, 54-55.57).

    VORBEREITUNGSGEBET

    Der Heilige Vater:
    Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
    R. Amen.

    Brüder und Schwestern,
    die nächtliche Dunkelheit hat sich über Rom gesenkt
    so wie an jenem Abend über die Häuser und Gärten Jerusalems.
    Auch wir werden jetzt zu den Ölbäumen von Getsemani gehen
    und werden beginnen, den Schritten Jesu von Nazaret zu folgen
    in den letzten Stunden seines irdischen Lebens.

    Es wird eine Reise durch den Schmerz, durch die Einsamkeit, durch die Grausamkeit,
    durch das Böse und durch den Tod sein.
    Aber es wird auch ein Weg im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe sein,
    weil das Grab auf dem letzten Abschnitt unseres Weges
    nicht für immer verschlossen bleiben wird.
    Wenn die Dunkelheit vorüber ist,
    wird am Ostermorgen das Licht der Freude erstehen,
    wird das Schweigen durch das Wort des Lebens verdrängt werden,
    wird auf den Tod die Herrlichkeit der Auferstehung folgen.

    Beten wir nun,
    indem wir unsere Worte vereinen
    mit denen einer altehrwürdigen Stimme des christlichen Ostens.

    Herr Jesus,
    gewähre uns die Tränen, die wir jetzt nicht haben,
    um unsere Sünden abzuwaschen.
    Schenke uns den Mut, um dein Erbarmen zu bitten.
    Am Tag deines jüngsten Gerichts
    reiße die Seiten aus, auf den unsere Sünden verzeichnet sind,
    und gib, daß sie nicht mehr daseien.[1]

    Herr Jesus,
    du sagst auch zu uns an diesem Abend
    die Worte, die du einst zu Petrus gesagt hast:
    »Folge mir nach«.
    Wir wollen deiner Einladung gehorsam sein
    und wollen dir nachfolgen, Schritt für Schritt,
    auf dem Weg deines Leidens,
    damit auch wir lernen,
    das im Sinn zu haben, was Gott will,
    und nicht das, was die Menschen wollen.
    Amen.
    ________________________________________
    [1]NIL SORSKIJ (1433-1508), aus dem Bußgebet.

    © Copyright 2007 – Libreria Editrice Vaticana

    [Modificato da @Andrea M.@ 06/04/2007 12.58]

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    benedetto.fan
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    Utente Junior
    00 06/04/2007 13:01

    eine gute idee mit dem zusammenfassen, andrea, danke sagt benedetto.fan


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    @Andrea M.@
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    00 06/04/2007 13:02
    Die 14 Stationen des Kreuzwegs
    Kreuzweg im Kolosseum 2007: Meditationstexte zu den 14 Stationen

    „Die Gleichgültigkeit ist der langsame Tod der wahren Menschlichkeit“

    ROM, 5. April 2007 (ZENIT.org).- Wir veröffentlichen die Meditationstexte, die der italienische Priester Msgr. Gianfranco Ravasi, Präfekt der Ambrosianischen Bibliothek und Pinakothek von Mailand, für den diesjährigen Kreuzweg im römischen Kolosseum verfasst hat.

    Die fünfte Station – „Jesus wird von Pilatus gerichtet“ – veranlasste den Theologen, über den Druck der öffentlichen Meinung nachzudenken. Pontius Pilatus hatte sich diesem Druck gebeugt und damit eine Haltung eingenommen, „die in unseren Tagen vorzuherrschen scheint“, die Haltung „der Gleichgültigkeit, der mangelnden Anteilnahme, des persönlichen Nutzens“.

    Die Gleichgültigkeit, so schreibt der Präfekt, „ist der langsame Tod der wahren Menschlichkeit“. Während die offene Unmoral wenigstens Schrecken oder eine Reaktion hervorrufe, handle es sich hierbei um „reine Amoralität, die das Gewissen lähmt, die Reue abtötet und den Geist abstumpfen lässt“. Eine geheuchelte und teilnahmslose Gerechtigkeit würde gleichsam zu einem Spinnennetz, „wo die kleinen Fliegen hineingeraten und sterben, das die Vögel jedoch mit der Kraft ihres Fluges zerreißen. Jesus, der einer der Geringen der Welt ist, erstickt in diesem Netz, ohne ein Wort hervorbringen zu können.“



    * * *




    BÜRO FÜR LITURGISCHE FEIERN
    MIT DEM HEILIGEN VATER

    KREUZWEG
    AM KOLOSSEUM

    UNTER DEM VORSITZ DES HEILIGEN VATERS

    BENEDIKT XVI.

    KARFREITAG 2007

    MEDITATIONEN
    VON SEINER EXZELLENZ
    Msgr. GIANFRANCO RAVASI
    Präfekt der Ambrosianischen Bibliothek und
    Pinakothek von Mailand




    ERSTE STATION
    Jesus im Garten am Ölberg (Getsemani)

    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas. 22, 39-46

    Jesus ging, wie er es gewohnt war, zum Ölberg; seine Jünger folgten ihm. Als er dort war, sagte er zu ihnen: »Betet darum, daß ihr nicht in Versuchung geratet!«. Dann entfernte er sich von ihnen ungefähr einen Steinwurf weit, kniete nieder und betete: »Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen«. Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und gab ihm (neue) Kraft. Und er betete in seiner Angst noch inständiger, und sein Schweiß war wie Blut, das auf die Erde tropfte. Nach dem Gebet stand er auf, ging zu den Jüngern zurück und fand sie schlafend; denn sie waren vor Kummer erschöpft. Da sagte er zu ihnen: »Wie könnt ihr schlafen? Steht auf und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet«.

    BETRACHTUNG

    Wenn sich der Schleier der Dunkelheit über Jerusalem legt, dann scheinen die Ölbäume von Getsemani mit dem Rauschen ihrer Blätter uns noch heute zurückzubegleiten in jene Nacht des Leidens und des Gebets, die Jesus durchlebte. Er hebt sich einsam im Mittelpunkt des Schauplatzes ab, auf den Erdschollen des Gartens niedergekniet. Wie jeder Mensch, der dem Tod ins Auge blickt, befindet sich auch Jesus in den Fängen der Angst. Das ursprüngliche Wort, das der Evangelist Lukas gebraucht, ist »Agonie«, also Kampf. Das Gebet Jesu ist in jener Stunde dramatisch, angespannt wie in einem Kampf, und der blutdurchzogene Schweiß, der über sein Gesicht rinnt, ist ein Zeichen bitterer und schwerer Qual.

    Der Schrei ist zum Himmel gerichtet, an jenen Vater, der geheimnisvoll und stumm zu sein scheint: »Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir!«, den Kelch des Schmerzes und des Todes. Auch einer der Erzväter Israels, Jakob, war in einer finsteren Nacht am Ufer eines Nebenflusses des Jordan Gott in Gestalt eines geheimnisvollen Menschen begegnet, der »mit ihm gerungen hatte bis zum Aufstieg der Morgenröte«.[2] In der Zeit der Prüfung zu beten, ist eine Erfahrung, die Leib und Seele erschüttert, und auch Jesus bringt in der Dunkelheit jenes Abends »mit lautem Schreien und unter Tränen Gebete und Bitten vor den, der ihn aus dem Tod retten kann«.[3]

    * * *

    Im Christus von Getsemani, der mit der Angst kämpft, finden wir uns selbst wieder, wenn wir die Nacht des qualvollen Schmerzes, des Verlassenseins durch die Freunde, des Schweigens Gottes erleben. Daher wird Jesus – wie einmal gesagt wurde – »bis zum Ende der Welt in Agonie sein; in dieser Zeit darf man nicht schlafen, weil er Gesellschaft und Trost sucht«[4], wie jeder Leidende auf der Welt. In ihm entdecken wir auch unser Gesicht, wenn es von Tränen zerfurcht und von Trostlosigkeit gezeichnet ist.

    Aber der Kampf Jesu endet nicht in der Versuchung, verzweifelt zu resignieren, sondern im Bekenntnis des Vertrauens zum Vater und zu seinem geheimnisvollen Plan. Es sind die Worte des »Vater Unser«, die er in jener schweren Stunde wiederholt: »Betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet … Nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen«. Und da, in diesem Augenblick, erscheint der Engel des Trostes, der Stütze und der Ermutigung, der Jesus und uns hilft, unseren Weg bis ans Ende fortzusetzen.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis:
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Stabat Mater dolorosa,
    iuxta crucem lacrimosa,
    dum pendebat Filius.
    ________________________________________
    [2]vgl. Genesis 32, 23-32.
    [3]vgl. Hebräer 5,7.
    [4]BLAISE PASCAL, Pensées, Nr. 553, Ed. Brunschvicg.


    ZWEITE STATION
    Jesus, von Judas verraten, wird gefangen genommen

    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas. 22, 47-53

    Während er noch redete, kam eine Schar von Männern; Judas, einer der Zwölf, ging ihnen voran. Er näherte sich Jesus, um ihn zu küssen. Jesus aber sagte zu ihm: »Judas, mit einem Kuß verrätst du den Menschensohn?« Als seine Begleiter merkten, was (ihm) drohte, fragten sie: »Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen?« Und einer von ihnen schlug auf den Diener des Hohenpriesters ein und hieb ihm das rechte Ohr ab. Jesus aber sagte: »Hört auf damit!«. Und er berührte das Ohr und heilte den Mann. Zu den Hohenpriestern aber, den Hauptleuten der Tempelwache und den Ältesten, die vor ihm standen, sagte Jesus: »Wie gegen einen Räuber seid ihr mit Schwertern und Knüppeln ausgezogen. Tag für Tag war ich bei euch im Tempel, und ihr habt nicht gewagt, gegen mich vorzugehen. Aber das ist eure Stunde, jetzt hat die Finsternis die Macht«.

    BETRACHTUNG

    Zwischen den Ölbäumen von Getsemani, die in das Dunkel getaucht sind, nähert sich jetzt eine kleine Schar: Angeführt wird sie von Judas, »einem der Zwölf«, einem Jünger Jesu. Im Bericht des Lukas spricht er kein einziges Wort; er ist nur eine eiskalte Präsenz. Es scheint fast, daß er sich dem Antlitz Jesu nicht ganz nähern kann, um ihn zu küssen, da die einzige Stimme, die man hört, die Stimme Christi, ihm Einhalt gebietet: »Judas, mit einem Kuß verrätst du den Menschensohn?«. Es sind traurige, aber feste Worte, die das bösartige Geschwür offenlegen, das verborgen ist im unruhigen und verhärteten Herzen des Jüngers, der vielleicht falsche Erwartungen gehabt hatte, enttäuscht war und wenig später verzweifelt sein wird.

    Dieser Verrat und dieser Kuß sind durch die Jahrhunderte hindurch zum Symbol aller Untreue, aller Abtrünnigkeit, allen Betrugs geworden. Christus steht also einer weiteren Prüfung gegenüber: dem Verrat, der Verlassenheit und Einsamkeit erzeugt. Es ist nicht die Abgeschiedenheit, die er liebte, wenn er sich auf die Berge zurückzog, um zu beten, es ist nicht die innere Einsamkeit, die Quelle des Friedens und der Ruhe ist, weil man sich durch sie dem Geheimnis der Seele und Gottes zuwendet. Statt dessen ist es die bittere Erfahrung vieler Menschen, die auch zu dieser Stunde, in der wir hier versammelt sind, ebenso wie in anderen Augenblicken des Tages, allein sind in einem Zimmer, vor einer kahlen Wand oder einem stummen Telefon, von allen vergessen, weil sie alt, krank, Fremde oder Außenseiter sind. Jesus trinkt mit ihnen auch diesen Kelch, der das Gift der Verlassenheit, der Einsamkeit, der Feindseligkeit enthält.

    * * *

    In den Schauplatz von Getsemani ist also Leben gekommen: Dem vorangegangenen Bild des Gebets, das feierlichen Ernst, Vertrautheit und Stille ausstrahlte, steht nun unter den Ölbaumen der Lärm, der Tumult und sogar die Gewalt entgegen. Jesus steht jedoch immer noch fest im Mittelpunkt. Er ist sich bewußt, daß das Böse die menschliche Geschichte einhüllt mit seinem Leichentuch aus Anmaßung, Aggression und Brutalität: »Das ist eure Stunde, jetzt hat die Finsternis die Macht«.

    Christus will nicht, daß die Jünger, die bereit sind, zum Schwert zu greifen, auf das Böse mit dem Bösen reagieren, auf Gewalt mit Gegengewalt. Er ist gewiß, daß die Macht der Finsternis – die scheinbar unbezwingbar ist und unersättlich an Triumphen – dazu verurteilt ist, gebrochen zu werden. Auf die Nacht wird nämlich der Morgen folgen, auf die Dunkelheit das Licht, auf den Verrat die Reue, auch für Judas. Das ist der Grund, warum man man trotz allem fortfahren muß, zu hoffen und zu lieben. Wie Jesus selbst auf dem Berg der Seligpreisungen gelehrt hat, müssen wir, um eine neue und andere Welt zu bekommen, »unsere Feinde lieben und für die beten, die uns verfolgen«.[5]

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis:
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Cuius animam gementem,
    contristatam et dolentem
    pertransivit gladius.
    ________________________________________
    [5]vgl. Matthäus 5, 44.


    DRITTE STATION
    Jesus wird vom Hohen Rat zum Tod verurteilt

    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas. 22, 66-71

    Als es Tag wurde, versammelten sich die Ältesten des Volkes, die Hohenpriester und die Schriftgelehrten, also der Hohe Rat, und sie ließen Jesus vorführen. Sie sagten zu ihm: »Wenn du der Messias bist, dann sag es uns!«. Er antwortete ihnen: »Auch wenn ich es euch sage – ihr glaubt mir ja doch nicht; und wenn ich euch etwas frage, antwortet ihr nicht. Von nun an wird der Menschensohn zur Rechten des allmächtigen Gottes sitzen«. Da sagten alle: »Du bist also der Sohn Gottes«. Er antwortete ihnen: »Ihr sagt es – ich bin es«. Da riefen sie: »Was brauchen wir noch Zeugenaussagen? Wir haben es selbst aus seinem eigenen Mund gehört«.

    BETRACHTUNG

    Die Sonne des Karfreitags wird hinter dem Ölberg sichtbar, nachdem sie die Täler der Wüste von Judäa erhellt hat. Die einundsiebzig Mitglieder des Hohen Rates, der höchsten jüdischen Institution, sind im Halbkreis um Jesus versammelt. Soeben wird das Verfahren eröffnet, das die gewohnten Gerichtsvorgänge umfaßt: die Überprüfung der Identität, die Anklagepunkte, die Zeugenaussagen. Der Prozeß ist religiöser Natur, wie es der Zuständigkeit des Gerichtshofes entspricht und wie auch aus den beiden wesentlichen Fragen hervorgeht: »Bist du der Messias? … Bist du der Sohn Gottes?«.

    Die Artwort Jesu beginnt mit einer beinahe mutlosen Vorbemerkung: »Auch wenn ich es euch sage – ihr glaubt mir ja doch nicht; und wenn ich euch etwas frage, antwortet ihr nicht«. Er weiß also, daß Unverstand, Verdächtigungen, Mißverständnisse im Raume liegen. Er spürt um sich herum eine kalte Wand aus Mißtrauen und Feindseligkeit, die noch unerträglicher wird durch die Tatsache, daß sie von seiner eigenen religiösen und nationalen Gemeinschaft gegen ihn errichtet wurde. Bereits der Psalmist hatte diese Enttäuschung erfahren: »Denn nicht mein Feind beschimpft mich, das würde ich ertragen; nicht ein Mann, der mich haßt, tritt frech gegen mich auf, vor ihm könnte ich mich verbergen. Nein, du bist es, ein Mensch aus meiner Umgebung, mein Freund, mein Vertrauter, mit dem ich, in Freundschaft verbunden, zum Haus Gottes gepilgert bin inmitten der Menge«.[6]

    * * *

    Trotz dieses Unverstandenseins zögert Jesus dennoch nicht, das Geheimnis zu verkündigen, das in ihm ist, und das von diesem Augenblick an enthüllt werden soll wie in einer Epiphanie. In der Sprache der Heiligen Schrift gesprochen zeigt er sich als »der Menschensohn, der zur Rechten des allmächtigen Gottes sitzt«. Es ist die von Israel erwartete messianische Herrlichkeit, die sich jetzt in diesem Verurteilten offenbart. Mehr noch: Es ist der Sohn Gottes, der sich jetzt paradoxerweise im Gewand des Angeklagten zeigt. Die Antwort Jesu – »ich bin es« –, die auf den ersten Blick wie das Geständnis eines Verurteilten erscheint, wird in Wirklichkeit zu einem feierlichen Bekenntnis der Göttlichkeit. In der Tat ist in der Bibel »Ich-bin-da« der Name und die Bezeichnung für Gott selbst.[7]

    Die Anklage, die zu einem Todesurteil führen wird, wird so zu einer Offenbarung, und sie wird auch zu unserem Glaubensbekenntnis an Christus, den Sohn Gottes. Dieser Angeklagte, der gedemütigt ist durch den von Stolz erfüllten Gerichtshof, den prunkvollen Saal und ein Urteil, das bereits feststeht, ruft allen Menschen die Pflicht in Erinnerung, von der Wahrheit Zeugnis zu geben. Dieses Zeugnis muß auch dann zum Ausdruck gebracht werden, wenn die Versuchung stark ist, sich zu verbergen, zu resignieren, sich im Strom der vorherrschenden Meinung treiben zu lassen. Eine junge jüdische Frau, die in einem Konzentrationslager sterben mußte, sagte: »Jedem weiteren Verbrechen, jeder weiteren Grausamkeit müssen wir ein weiteres Stückchen Liebe und Güte gegenüberstellen, das wir in uns selbst erobern müssen. Wir dürfen zwar leiden, aber wir dürfen nicht darunter zerbrechen«.[8]

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis:
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    O quam tristis et afflicta
    fuit illa benedicta
    mater Unigeniti
    ________________________________________
    [6]Psalm 55, 13-15.
    [7]Exodus 3,14.
    [8]ETTY HILLESUM, Tagebücher 1941-1943 (3. Juli 1943)


    VIERTE STATION
    Jesus wird von Petrus verleugnet

    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas. 22, 54-62

    Darauf nahmen sie ihn fest, führten ihn ab und brachten ihn in das Haus des Hohenpriesters. Petrus folgte von weitem. Mitten im Hof hatte man ein Feuer angezündet, und Petrus setzte sich zu den Leuten, die dort beieinandersaßen. Eine Magd sah ihn am Feuer sitzen, schaute ihn genau an und sagte: »Der war auch mit ihm zusammen«. Petrus aber leugnete es und sagte: »Frau, ich kenne ihn nicht«. Kurz danach sah ihn ein anderer und bemerkte: »Du gehörst auch zu ihnen«. Petrus aber sagte: »Nein, Mensch, ich nicht!«. Etwa eine Stunde später behauptete wieder einer: »Wahrhaftig, der war auch mit ihm zusammen; er ist doch auch ein Galiläer«. Petrus aber erwiderte: »Mensch, ich weiß nicht, wovon du sprichst«. Im gleichen Augenblick, noch während er redete, krähte ein Hahn. Da wandte sich der Herr um und blickte Petrus an. Und Petrus erinnerte sich an das, was der Herr zu ihm gesagt hatte: »Ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er ging hinaus und weinte bitterlich«.

    BETRACHTUNG

    Wir kehren wieder in die Nacht zurück, die wir hinter uns gelassen hatten, als wir in den Saal des ersten Prozesses eingetreten waren, dem Jesus unterzogen wurde. Die Dunkelheit und die Kälte werden zerrissen von den Flammen eines Kohlenfeuers, das sich im Hof des Palastes des Hohen Rats befindet. Die Bediensteten und die Wachleute halten die Hände in die Wärme; ihre Gesichter sind erleuchtet. Und da werden nacheinander drei Stimmen laut, drei Hände zeigen auf ein Gesicht, das wiedererkannt worden ist, das Gesicht des Petrus.

    Die erste ist eine weibliche Stimme. Eine Hausmagd schaut dem Jünger fest in die Augen und ruft: »Auch du warst mit Jesus zusammen!«. Dann schließt sich eine männliche Stimme an: »Du gehörst zu ihnen!«. Wieder ein anderer Mann bekräftigt später denselben Vorwurf, als er den nördlichen Akzent des Petrus wahrnimmt: »Du warst mit ihm zusammen!« Auf diese Vorwürfe hin, sich gleichsam mit wachsender Verzweiflung verteidigend, zögert der Apostel nicht, dreimal zu schwören: »Ich kenne Jesus nicht! Ich bin keiner seiner Jünger! Ich weiß nicht, wovon ihr sprecht!«. Das Licht des Kohlenfeuers dringt also viel weiter vor als nur bis zum Gesicht des Petrus; es legt eine erbärmliche Seele bloß, seine Schwachheit, den Egoismus, die Angst. Und nur wenige Stunden zuvor hatte er noch verkündet: »Auch wenn alle (an dir) Anstoß nehmen – ich nicht! … Und wenn ich mit dir sterben müßte – ich werde dich nie verleugnen«.[9]

    * * *

    Anders als bei Judas fällt jedoch nach diesem Verrat der Vorhang nicht. In jener Nacht nämlich durchdringt ein Schrei die Stille von Jerusalem und vor allem das Gewissen des Petrus: Es ist ein Hahnenschrei. Genau in jenem Augenblick kommt Jesus aus der Gerichtsversammlung, die ihn verurteilt hat, heraus. Lukas beschreibt, wie der Blick Jesu und der Blick des Petrus sich kreuzen, und er gebraucht dafür ein griechisches Verb, das bedeutet, jemandem tief ins Gesicht zu blicken. Aber, wie der Evangelist bemerkt, blicken jetzt nicht irgendwelche Menschen einander an; es ist »der Herr«, dessen Augen Herz und Nieren prüfen, die also tief in das innerste Geheimnis einer Seele schauen.

    Und aus den Augen des Apostels fließen die Tränen der Reue. In seinem Leben kommen viele Geschichten der Untreue und der Bekehrung, der Schwäche und der Befreiung zusammen. »Ich habe geweint, und ich habe geglaubt«: so, mit nur diesen beiden Verben, wird Jahrhunderte später ein Konvertit[10] seine eigene Erfahrung neben die des Petrus stellen und wird damit für uns alle sprechen, die wir jeden Tag kleine Verrate begehen und uns zu schützen versuchen durch erbärmliche Rechtfertigungen, die wir zulassen, daß feige Ängste von uns Besitz ergreifen. Aber wie dem Apostel so steht auch uns der Weg zur Begegnung mit dem Blick Christi offen, der auch uns die Aufgabe anvertraut: Auch du, »wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder«.[11]

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis:
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Quae maerebat et dolebat
    pia mater, cum videbat
    Nati poenas incliti.
    ________________________________________
    [9] Markus 14, 29.31.
    [10] FRANÇOIS-RENÉ DE CHATEAUBRIAND, Der Geist des Christentums (1802).
    [11] Lukas 22,32.


    FÜNFTE STATION
    Jesus wird von Pilatus gerichtet

    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas. 23, 13-25

    Pilatus rief die Hohenpriester und die anderen führenden Männer und das Volk zusammen und sagte zu ihnen: »Ihr habt mir diesen Menschen hergebracht und behauptet, er wiegle das Volk auf. Ich selbst habe ihn in eurer Gegenwart verhört und habe keine der Anklagen, die ihr gegen diesen Menschen vorgebracht habt, bestätigt gefunden, auch Herodes nicht, denn er hat ihn zu uns zurückgeschickt. Ihr seht also: Er hat nichts getan, worauf die Todesstrafe steht. Daher will ich ihn nur auspeitschen lassen, und dann werde ich ihn freilassen«. Da schrien sie alle miteinander: »Weg mit ihm; laß den Barabbas frei!«. Dieser Mann war wegen eines Aufruhrs in der Stadt und wegen Mordes ins Gefängnis geworfen worden. Pilatus aber redete wieder auf sie ein, denn er wollte Jesus freilassen. Doch sie schrien: »Kreuzige ihn, kreuzige ihn!«. Zum drittenmal sagte er zu ihnen: »Was für ein Verbrechen hat er denn begangen? Ich habe nichts feststellen können, wofür er den Tod verdient. Daher will ich ihn auspeitschen lassen, und dann werde ich ihn freilassen«. Sie aber schrien und forderten immer lauter, er solle Jesus kreuzigen lassen, und mit ihrem Geschrei setzten sie sich durch: Pilatus entschied, daß ihre Forderung erfüllt werden solle. Er ließ den Mann frei, der wegen Aufruhr und Mord im Gefängnis saß und den sie gefordert hatten. Jesus aber lieferte er ihnen aus, wie sie es verlangten.

    BETRACHTUNG

    Jesus ist jetzt zwischen den kaiserlichen Hoheitszeichen, den Bannern, Adlern und Standarten der römischen Staatsgewalt, im Innern eines anderen Palastes der Machthaber, dem des Statthalters Pontius Pilatus. Dieser Name steht in der Geschichte des Römischen Reiches am Rande und ist in Vergessenheit geraten. Und dennoch ist es ein Name, den man jeden Sonntag auf der ganzen Welt vernehmen kann, aufgrund des jetzt stattfindenden Prozesses, denn die Christen verkünden im Glaubensbekenntnis: Christus wurde »gekreuzigt unter Pontius Pilatus«. Einerseits verkörpert er auf den ersten Blick die Brutalität der Unterdrücker. Lukas erwähnt sogar an einer Stelle seines Evangeliums jenen Tag, an dem Pilatus nicht davor zurückgeschreckt war, im Tempel das jüdische Blut mit dem der Opfertiere zu vermischen.[12] Neben ihm steht noch eine andere finstere und kaum spürbare Macht: die grausame Gewalt der Massen, die manipuliert werden von den Machenschaften der geheimen Mächte, die im Verborgenen wirken. Am Ende steht die Entscheidung, einen Aufrührer und Mörder zu begnadigen: Barabbas.

    Andererseits zeigt sich die Gestalt des Pilatus jedoch auch von einer anderen Seite: Er scheint die traditionelle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des römischen Rechts zu vertreten. In der Tat macht Pilatus dreimal den Versuch vorzuschlagen, Jesus aus Mangel an Beweisen freizusprechen und höchstens eine Disziplinarstrafe, die Auspeitschung, zu verhängen. Die Anklage konnte nämlich einem ernsthaften Untersuchungsprozeß nicht standhalten. Wie alle Evangelisten betonen, offenbart Pilatus also eine gewisse Offenheit des Geistes, eine Bereitwilligkeit, die jedoch nach und nach abnimmt und erlischt.

    * * *

    Unter dem Druck der öffentlichen Meinung verkörpert Pilatus also eine Haltung, die in unseren Tagen vorzuherrschen scheint, die der Gleichgültigkeit, der mangelnden Anteilnahme, des persönlichen Nutzens. Für ein sorgloses Leben und für den eigenen Vorteil werden ohne zu zögern Wahrheit und Gerechtigkeit mit Füßen getreten. Die offene Unmoral ruft wenigstens Schrecken oder eine Reaktion hervor; dies ist jedoch reine Amoralität, die das Gewissen lähmt, die Reue abtötet und den Geist abstumpfen läßt. Die Gleichgültigkeit ist der langsame Tod der wahren Menschlichkeit.

    Am Ende steht die endgültige Entscheidung des Pilatus. Wie die alten Lateiner sagten, wird eine geheuchelte und teilnahmslose Gerechtigkeit gleichsam zu einem Spinnennetz, wo die kleinen Fliegen hineingeraten und sterben, das die Vögel jedoch mit der Kraft ihres Fluges zerreißen. Jesus, der einer der Geringen der Welt ist, erstickt in diesem Netz, ohne ein Wort hervorbringen zu können. Und wie auch wir es oft tun, wendet Pilatus sich ab, wäscht seine Hände in Unschuld und stellt – nach dem Evangelisten Johannes – zu seiner Rechtfertigung die unsterbliche Frage, die jeden Skeptizismus und jeden ethischen Relativismus auszeichnet: »Was ist denn schon die Wahrheit?«[13]

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis:
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Quis est homo qui non fleret,
    matrem Christi si videret
    in tanto supplicio?
    ________________________________________
    [12] vgl. Lukas 13,1.
    [13] vgl. Johannes 18,38.


    SECHSTE STATION
    Jesus wird gegeißelt und mit Dornen gekrönt

    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas. 22, 63-65

    Die Wächter trieben ihren Spott mit Jesus. Sie schlugen ihn, verhüllten ihm das Gesicht und fragten ihn: »Du bist doch ein Prophet! Sag uns: Wer hat dich geschlagen?«. Und noch mit vielen anderen Lästerungen verhöhnten sie ihn.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes. 19, 2-3

    Die Soldaten flochten einen Kranz aus Dornen; den setzten sie ihm auf und legten ihm einen purpurroten Mantel um. Sie stellten sich vor ihn hin und sagten: »Heil dir, König der Juden!« Und sie schlugen ihm ins Gesicht.

    BETRACHTUNG

    Als er eines Tages durch das Jordantal nicht weit von Jericho zog, war Jesus stehengeblieben und hatte zu den Zwölf sehr harte und ihnen unverständliche Worte gesagt: »Wir gehen jetzt nach Jerusalem hinauf, dort wird der Menschensohn den Heiden ausgeliefert, wird verspottet, mißhandelt und angespuckt werden, und man wird ihn geißeln und töten…«.[14] Jetzt löst sich das Rätsel um diese Worte: Im Hof des Prätoriums, des Amtssitzes des römischen Statthalters in Jerusalem, beginnt das grauenhafte Ritual der Folter, das draußen, außerhalb des Palastes, begleitet wird vom Lärmen der Menge, die auf das Spektakel des Hinrichtungszuges wartet.

    An jenem der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Ort vollzieht sich eine Tat, die sich in allen Jahrhunderten auf vielerlei sadistische und perverse Weise wiederholen wird, in vielen düsteren Zellen. Jesus wird nicht nur geschlagen, sondern er wird auch gedemütigt. Ja, der Evangelist Lukas benutzt sogar das Verb »lästern« und weist damit auf die tiefere Bedeutung hin, die dieser Gewaltausbruch der Wachen, der sich auf das Opfer entlädt, besitzt. Aber zu den körperlichen Qualen Christi kommt noch eine Verletzung seiner persönlichen Würde durch ein makabres Possenspiel hinzu.

    * * *

    Es ist der Evangelist Johannes, der jene sarkastische Tat in Erinnerung ruft, die abläuft wie ein volkstümliches Spiel, das Spiel des Spottkönigs. Da ist nämlich eine Krone, deren Reif aus Dornenzweigen besteht; da ist der königlichen Purpur, ersetzt durch einen roten Umhang; da ist das »Ave Caesar«, der kaiserliche Gruß. Und dennoch, durch den Spott hindurch wird ein herrliches Zeichen sichtbar: Ja, Jesus wird gedemütigt als Spottkönig; in Wirklichkeit aber ist er der wahre Herrscher der Geschichte.

    Wenn am Ende sein Königtum offenbar werden wird, wird er – wie ein anderer Evangelist, Matthäus, uns in Erinnerung ruft[15] – alle Peiniger und Unterdrücker verurteilen und nicht nur die Opfer in die Herrlichkeit aufnehmen, sondern auch alle, die diejenigen besucht haben, die im Gefängnis waren, die die Verletzten und Leidenden gepflegt haben, die den Hungernden, Dürstenden und Verfolgten geholfen haben. Jetzt ist jedoch das verklärte Antlitz, das auf dem Berg Tabor erschienen ist[16], entstellt; er, der »der Abglanz der göttlichen Herrlichkeit«[17] ist, ist unkenntlich gemacht und gedemütigt; wie Jesaja angekündigt hatte, ist der Rücken des messianischen Gottesknechtes zerfurcht von den Peitschenhieben, sein Bart von den Wangen ausgerissen, Speichel läuft über sein Gesicht.[18] In ihm, der der Herr der Geschichte ist, ist auch unsere schmerzerfüllte Menschheit gegenwärtig, offenbart sich die Verletzlichkeit der Geschöpfe; in ihm, der der Schöpfer der Welt ist, verdichtet sich der Schmerzenslaut aller Lebewesen.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis:
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Quis non posset contristari,
    piam matrem contemplari
    dolentem cum Filio?
    ________________________________________
    [14] Lukas 18, 31-32.
    [15] vgl. Matthäus 25, 31-46.
    [16] vgl. Lukas 9,29.
    [17] vgl. Hebräer 1,3.
    [18] vgl. Jesaja 50,6.


    SIEBTE STATION
    Jesus wird das Kreuz aufgeladen

    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Markus. 15,20

    Nachdem sie so ihren Spott mit ihm getrieben hatten, nahmen sie ihm den Purpurmantel ab und zogen ihm seine eigenen Kleider wieder an. Dann führten sie Jesus hinaus, um ihn zu kreuzigen.

    BETRACHTUNG

    In den Höfen des kaiserlichen Palastes ist das makabre Fest beendet; die lächerlichen Königsgewänder fallen, das Tor öffnet sich weit. Jesus kommt heraus in seiner gewohnten Bekleidung, in jenem Untergewand, »das von oben her ganz durchgewebt und ohne Naht war«.[19] Auf seinen Schultern liegt der Querbalken, der, wenn er einmal am Kreuzesstamm befestigt sein wird, zur Aufnahme seiner Arme bestimmt ist. Er ist schweigend anwesend, seine Spuren hinterlassen Blut auf jener Straße, die in Jerusalem heute noch den Namen »Via Dolorosa« trägt.

    Jetzt beginnt der eigentliche Kreuzweg, jener Weg, der auch heute abend wieder stattfindet und der zum Hinrichtungshügel führt, außerhalb der Mauern der Heiligen Stadt. Jesus bewegt sich voran und wankt unter der Last und durch die Schwäche seines verletzten Leibes. Die Tradition verzeichnet auf diesem Weg symbolisch ein dreimaliges Fallen Jesu. Dieses Fallen enthält die endlose Geschichte so vieler Frauen und Männer, die Elend und Hunger niedergestreckt haben: abgemagerte Kinder, erschöpfte Greise, arme und schwache Menschen, denen jede Lebenskraft aus den Adern gesogen ist.

    In diesem Fallen ist auch die Geschichte all jener Menschen enthalten, in deren Seelen Trostlosigkeit herrscht und die unglücklich sind, die übersehen werden durch die Eile und die Unachtsamkeit deren, die an ihnen vorübergehen. Im Christus, der unter dem Kreuz gebeugt ist, ist die kranke und schwache Menschheit gegenwärtig, die, wie der Prophet Jesaja sagt,[20] »am Boden liegt und winselt, ihre Worte dringen dumpf aus dem Staub. Wie wenn aus der Erde ein Totengeist spricht, so tönt ihre Stimme; ihre Worte sind nur noch ein Geflüster im Staub«.

    * * *

    Auch heute, genau wie damals, herrscht um Jesus herum, der sich erhebt und mit dem Kreuz auf den Schultern weitergeht, auf der Straße das Alltagsleben, das gezeichnet ist von Händeln, vom Glanz der Schaufenster, von der Suche nach Vergnügen und Genuß. Und doch ist um ihn herum nicht nur Feindseligkeit oder Gleichgültigkeit. Auf seinen Spuren bewegen sich heute auch diejenigen, die sich entschieden haben, ihm zu folgen. Sie sind dem Ruf gefolgt, der einst von ihm ausging, als er durch die Felder Galiläas zog: »Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach«.[21] »Laßt uns also zu ihm vor das Lager hinausziehen und seine Schmach auf uns nehmen«.[22] Am Ende der »Via Dolorosa« steht nicht nur der Hügel des Todes oder der Abgrund des Grabes, sondern auch der Berg der herrlichen Himmelfahrt und des Lichts.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Quis non posset contristari,
    piam matrem contemplari
    dolentem cum Filio?
    ________________________________________
    [19] Johannes 19,23.
    [20] vgl. Jesaja 29,4.
    [21] Lukas 9,23.
    [22] Hebräer 13,13.


    ACHTE STATION
    Simon von Zyrene hilft Jesus das Kreuz tragen

    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas. 23,26

    Als sie Jesus hinausführten, ergriffen sie einen Mann aus Zyrene namens Simon, der gerade vom Feld kam. Ihm luden sie das Kreuz auf, damit er es hinter Jesus hertrage.

    BETRACHTUNG

    Er kam gerade vom Feld zurück, vielleicht nach einigen Stunden der Arbeit. Zu Hause erwarteten ihn die Vorbereitungen auf den Feiertag: Bei Sonnenuntergang nämlich würde das heilige Tor zum Sabbat sich öffnen, unter dem Aufleuchten der ersten Sterne am Himmel. Simon war sein Name; er war ein Jude, der aus Afrika stammte, aus Zyrene, einer Stadt an der libyschen Küste, in der eine große jüdische Diasporagemeinde lebte.[23] Ein schroffer Befehl der römischen Soldaten, die Jesus begleiten, hält ihn an und zwingt ihn, für eine gewisse Wegstrecke das Kreuz jenes erschöpften Verurteilten zu tragen.

    Simon war zufällig dort vorbeigekommen; er wußte nicht, daß dies eine besondere Begegnung sein würde. Jemand hat einmal geschrieben:[24] »Wie viele Menschen aller Zeiten wären gern dort gewesen, an seinem Platz, wären gern in eben jenem Augenblick dort vorbeigekommen. Aber es war zu spät: Er war es, der vorbeigekommen war, und niemals, zu keiner Zeit, hätte er seinen Platz anderen überlassen«. Es ist das Geheimnis der Begegnung mit Gott, der plötzlich und unvermittelt im Leben vieler Menschen steht. Paulus, der Apostel, war von Christus auf der Straße nach Damaskus angehalten, »ergriffen«[25] und erobert worden. Das ist der Grund, warum er später diese überraschenden Worte Gottes von Jesaja übernahm: »Ich ließ mich finden von denen, die nicht nach mir suchten; ich offenbarte mich denen, die nicht nach mir fragten«.[26]

    * * *

    Gott wartet auf uns auf den Wegen unseres täglichen Lebens. Er ist es, der manchmal an unsere Türen klopft und um einen Platz an unserem Tisch bittet, um mit uns Mahl zu halten.[27] Sogar ein unvorhergesehener Zwischenfall, wie der, der sich im Leben des Simon von Zyrene ereignet hatte, kann zu einem Geschenk der Bekehrung werden. Denn der Evangelist Markus erwähnt sogar die Namen der Söhne dieses Mannes, die Christen geworden sind: Alexander und Rufus.[28] Der Zyrenäer ist so das Sinnbild der geheimnisvollen Verbindung zwischen der göttlichen Gnade und dem menschlichen Handeln. Letztendlich stellt ihn der Evangelist nämlich als den Jünger dar, der »sein Kreuz auf sich nimmt und Jesus nachfolgt«[29], seinen Spuren folgt.

    Seine Geste verwandelt sich ideell von einer erzwungenen Handlung in ein Symbol für alle Akte der Solidarität gegenüber den Leidenden, den Unterdrückten und denen, die schwere Lasten zu tragen haben. Der Zyrenäer vertritt damit die unermeßliche Schar der großherzigen Menschen, der Missionare, der Samariter, die nicht »auf der anderen Straßenseite vorbeigehen«[30], sondern die sich über die Elenden beugen und sie auf ihre Schultern laden, um sie zu stützen. Über dem Haupt und über den Schultern des Simon, die unter der Last des Kreuzes gekrümmt sind, ertönen in jenem Augenblick die Worte des hl. Paulus: »Einer trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen«.[31]

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Tui Nati vulnerati,
    tam dignati pro me pati
    poenas mecum divide.
    ________________________________________
    [23] Apostelgeschichte 2,10;6,9;13,1.
    [24] CHARLES PÉGUY, Le mystère de la charité de Jeanne d'Arc (1910).
    [25] Philipper 3,12.
    [26] Römer 10,20.
    [27] Offenbarung 3,20.
    [28]Markus 15,21.
    [29] vgl. Lukas 9,23.
    [30] vgl. Lukas 10,30-37.
    [31] Galater 6,2.


    NEUNTE STATION
    Jesus begegnet den Frauen von Jerusalem

    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas. 23, 27-31

    Es folgte eine große Menschenmenge, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten. Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: »Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder! Denn es kommen Tage, da wird man sagen: Wohl den Frauen, die unfruchtbar sind, die nicht geboren und nicht gestillt haben. Dann wird man zu den Bergen sagen: Fallt auf uns!, und zu den Hügeln: Deckt uns zu! Denn wenn das mit dem grünen Holz geschieht, was wird dann erst mit dem dürren werden?«

    BETRACHTUNG

    An jenem Freitag im Frühling drängten sich auf dem Weg, der nach Golgota führte, nicht nur die Nichtstuer, die Neugierigen und die Jesus feindlich gesinnten Menschen. Da ist nämlich auch eine Gruppe Frauen, die vielleicht einer Gemeinschaft angehören, deren Aufgabe der Trost und die rituelle Wehklage für die Sterbenden und die zum Tode Verurteilten ist. Während seines irdischen Lebens hatte Christus, indem er sich über gesellschaftliche Konventionen und Vorurteile hinwegsetzte, oft Frauen um sich gehabt, mit ihnen gesprochen und ihren kleinen und großen Problemen Gehör geschenkt: vom Fieber der Schwiegermutter des Petrus bis hin zum großen Unglück der Witwe von Naïn, von der weinenden Prostituierten bis hin zum inneren Kampf der Maria aus Magdala, von der Zuneigung Martas und Marias bis hin zu den zu den Leiden der Frau, die an Blutungen litt, von der jungen Tochter des Jaïrus bis hin zur alten Frau mit dem verkrümmten Rücken, von der vornehmen Dame Johanna, der Frau des Chuzas, bis hin zur armen Witwe und zu den Frauen in der Menge, die ihm folgte.

    Um Jesus herum drängen sich also bis zu seiner letzten Stunde viele Mütter, Töchter und Schwestern. In Gedanken stellen wir jetzt auch all die gedemütigten und vergewaltigten Frauen an seine Seite, diejenigen, die ausgegrenzt und unwürdigen Stammespraktiken unterworfen sind, die Frauen, die angesichts ihrer Mutterschaft eine Krise erleben und allein sind, die jüdischen und die palästinensischen Mütter und diejenigen aller Länder, in denen Krieg herrscht, die Witwen und die alten Frauen, die von ihren Kindern vergessen wurden…Es ist eine große Schar von Frauen, die vor einer gefühlsarmen und erbarmungslosen Welt Zeugnis ablegt von der Gabe der Zärtlichkeit und des Mitgefühls, so wie sie es für den Sohn Marias an jenem Vormittag in Jerusalem taten. Sie lehren uns die Schönheit der Gefühle: Man muß sich nicht schämen, wenn das Herz vor Mitleid schneller schlägt, wenn manchmal Tränen in die Augen steigen, wenn man das Bedürfnis nach einer zärtlichen Geste und einem Wort des Trostes verspürt.

    * * *

    Jesus übersieht nicht die liebevolle Beachtung, die diese Frauen ihm schenken, ebenso wie er einst andere zarte Gesten entgegengenommen hatte. Aber paradoxerweise ist er es jetzt, der Anteilnahme zeigt an den Leiden, die jenen »Frauen von Jerusalem« bevorstehen: »Weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder!«. In der Tat zeichnet sich am Horizont ein Brand ab, der niedergehen wird auf das Volk und auf die Heilige Stadt, »ein dürres Holz«, das bereit liegt, um das Feuer zu schüren.

    Der Blick Jesu richtet sich in die Zukunft, auf das göttliche Urteil gegen das Böse, die Ungerechtigkeit, den Haß, die jene Flamme nähren. Christus rührt der Schmerz an, der über diese Mütter hereinbrechen wird mit dem gerechten Eingreifen Gottes in die Geschichte. Aber seine bebenden Worte besiegeln kein verzweifeltes Schicksal, denn seine Stimme ist die Stimme der Propheten, und diese bringt nicht Sterben und Tod hervor, sondern Umkehr und Leben: »Sucht den Herrn, dann werdet ihr leben … Dann freut sich das Mädchen beim Reigentanz, jung und alt sind fröhlich. Ich verwandle ihre Trauer in Jubel, tröste und erfreue sie«.[32]

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Eia, mater, fons amoris,
    me sentire vim doloris
    fac, ut tecum lugeam.
    ________________________________________
    [32] Amos 5,6; Jeremia 31,13.


    ZEHNTE STATION
    Jesus wird gekreuzigt

    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas. 23, 33-38

    Sie kamen zur Schädelhöhe; dort kreuzigten sie ihn und die Verbrecher, den einen rechts von ihm, den andern links. Jesus aber betete: »Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun«. Dann warfen sie das Los und verteilten seine Kleider unter sich. Die Leute standen dabei und schauten zu; auch die führenden Männer des Volkes verlachten ihn und sagten: »Anderen hat er geholfen, nun soll er sich selbst helfen, wenn er der erwählte Messias Gottes ist«. Auch die Soldaten verspotteten ihn; sie traten vor ihn hin, reichten ihm Essig und sagten: »Wenn du der König der Juden bist, dann hilf dir selbst!«. Über ihm war eine Tafel angebracht; auf ihr stand: Das ist der König der Juden.

    BETRACHTUNG

    Es war nur eine felsige Anhöhe, die auf aramäisch Golgota genannt wurde und auf lateinisch Calvaria, »Schädel«, vielleicht aufgrund ihrer äußeren Form. Auf diesem Hügel stehen drei Kreuze zum Tode Verurteilter: die Kreuze zweier »Verbrecher«, wahrscheinlich antirömische Aufrührer, und das Kreuz Jesu. Die letzten Stunden des irdischen Lebens Jesu brechen an, Stunden, die bestimmt sind durch den verwundeten Leib, die verrenkten Knochen, das langsame Ersticken, die innere Trostlosigkeit. Es sind die Stunden, die beweisen, daß der Sohn Gottes dem Menschen, der leidet, mit dem Tod ringt und stirbt, ganz Bruder ist.

    Ein Poet schrieb:[33] »Der Schächer zur Linken und der Schächer zur Rechten / spürten nur die Nägel in ihren Händen. / Christus dagegen spürte den Schmerz, den er für die Erlösung hingegeben hatte, / die durchbohrte Seite, das durchbohrte Herz. / Es ist sein brennendes Herz, / sein von der Liebe verzehrtes Herz«. Ja, denn bei jenem Kreuz scheint die Stimme Jesajas zu ertönen: »Er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt. Er gab sein Leben als Sühnopfer hin«.[34] Die ausgebreiteten Arme jenes gequälten Leibes wollen die ganze Welt umschließen, die Menschheit umarmen gleichsam »wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt«.[35] In der Tat war das seine Sendung: »Ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen«.[36]

    * * *

    Unter jenem sterbenden Leib geht die Menge vorüber, die ein makabres Schauspiel »sehen« will. Es ist das Abbild der Oberflächlichkeit, der banalen Neugier, der Suche nach starken Empfindungen, ein Bild, in dem man auch eine Gesellschaft wie die unsrige wiederkennen kann, in der Provokation und Ausschweifung fast als Droge dienen, um eine bereits abgestumpfte Seele, ein gefühlloses Herz, einen unklaren Verstand anzuregen.

    Unter jenem Kreuz gibt es auch die reine und harte Grausamkeit, die der Befehlshaber und Soldaten, die kein Mitleid kennen und die sogar dem Leiden und dem Tod durch Spott die Würde nehmen können: » Wenn du der König der Juden bist, dann hilf dir selbst!«. Sie wissen nicht, daß ihre sarkastischen Worte und die offizielle Tafel, die am Kreuz angebracht ist – »Das ist der König der Juden« –, die Wahrheit sagen. Gewiß, Jesus steigt nicht aufsehenerregend vom Kreuz herab: Er will keine sklavische und auf Wundertaten gründende Zustimmung, sondern freien Glauben und echte Liebe. Und dennoch öffnet er gerade durch die Niederlage in seiner Demütigung und durch die Ohnmacht des Todes das Tor der Herrlichkeit und des Lebens und offenbart sich so als wahrer Herr und König der Geschichte und der Welt.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Fac ut ardeat cor meum
    in amando Christum Deum,
    ut sibi complaceam.
    ________________________________________
    [33] CHARLES PÉGUY, Le mystère de la charité de Jeanne d'Arc (1910).
    [34] vgl. Jesaja 53, 5.10.
    [35] Lukas 13,34.
    [36] Johannes 12,32.


    ELFTE STATION
    Jesus verheißt dem guten Schächer sein Reich

    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas. 23, 39-43

    Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: »Bist du denn nicht der Messias? Dann hilf dir selbst und auch uns!« Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: »Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan«. Dann sagte er: »Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst«. Jesus antwortete ihm: »Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein«.

    BETRACHTUNG

    Die Minuten der Agonie vergehen und die Lebenskraft des gekreuzigten Jesus läßt langsam nach. Und dennoch hat er noch Kraft für eine letzte Liebestat gegenüber einem der beiden zum Tode Verurteilten, die bei ihm sind in jenen tragischen Augenblicken, als die Sonne noch hoch am Himmel steht. Zwischen Christus und diesem Mann findet ein schwacher Dialog statt, ausgedrückt in zwei Sätzen von wesentlicher Bedeutung. Auf der einen Seite steht die Bitte des Verbrechers, der in der Tradition zum »guten Schächer« geworden ist, des in der letzten Stunde seines Lebens Bekehrten: »Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst«. Es ist fast so, als ob dieser Mann eine persönliche Version des »Vater Unser« und der Anrufung: »Dein Reich komme!« spreche. Er richtet sie jedoch direkt an Jesus und ruft ihn beim Namen, einem Namen, dessen Bedeutung in jenem Augenblick erleuchtend ist: »Der Herr rettet«. Dann kommt dieser Imperativ: »Denk an mich!«. In der Sprache der Bibel besitzt dieses Verb besondere Aussagekraft, die nicht unserem schwachen Ausdruck »an jemanden denken« entspricht. Es ist ein Wort der Gewißheit und des Vertrauens, als wollte man sagen: »Sorge für mich, verlaß mich nicht, sei wie ein Freund, der stützt und trägt!«

    * * *

    Auf der anderen Seite ist da die Antwort Jesu, die sehr kurz ist, gleisam ein Hauch: »Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein«. Dieses Wort »Paradies«, das so selten ist in der Heiligen Schrift, daß man es im Neuen Testament an nur zwei weiteren Stellen findet,[37] ruft in seiner ursprünglichen Bedeutung einen fruchtbaren und blühenden Garten vor Augen. Es ist ein Bild, das den Wohlgeruch jenes Reiches des Lichts und des Friedens verströmt, das Jesus in seiner Verkündigung verheißen und mit seinen Wundern eingeleitet hatte und das bald im Osterfest auf herrliche Weise offenbar werden wird. Es ist das Ziel unseres mühseligen Weges in der Geschichte, es ist die Fülle des Lebens, es ist die innige Umarmung mit Gott. Es ist das letzte Geschenk, das Christus uns macht, durch das Opfer seines Todes, der sich öffnet zur Herrlichkeit der Auferstehung.

    Weiter sagten an jenem Tag der Angst und der Schmerzen die beiden Gekreuzigten einander nichts, aber jene wenigen Worte, die sie mühevoll aus ihren ausgetrockneten Kehlen hervorbrachten, sind noch heute zu hören, als Zeichen des Vertrauens und der Erlösung für diejenigen, die gesündigt, aber auch geglaubt und gehofft haben, und sei es an der äußersten Grenze ihres Lebens.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Sancta mater, istud agas,
    Crucifixi fige plagas
    cordi meo valide.
    ________________________________________
    [37] 2 Korinther 12,4; Offenbarung 2,7.


    ZWÖLFTE STATION
    Jesus am Kreuz, die Mutter und der Jünger

    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes. 19, 25-27

    Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: »Frau, siehe, dein Sohn!« Dann sagte er zu dem Jünger: »Siehe, deine Mutter!« Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

    BETRACHTUNG

    Sie hatte begonnen, sich von diesem Sohn loszulösen, seit er ihr eines Tages, mit zwölf Jahren, gesagt hatte, daß er ein anderes Zuhause und eine andere Sendung habe, die er erfüllen müsse im Namen seines himmlischen Vaters. Jetzt ist jedoch für Maria der Augenblick der endgültigen Loslösung gekommen. In jener Stunde ist das große Leid jeder Mutter enthalten, die die Logik der Natur, nach der die Mütter vor ihren Kindern sterben, auf den Kopf gestellt sieht. Aber der Evangelist Johannes wischt jede Träne von diesem schmerzerfüllten Antlitz, läßt jeden Schrei auf diesen Lippen verstummen, läßt Maria nicht vor Verzweiflung zu Boden stürzen.

    Im Gegenteil, es ist ein Schleier des Schweigens da, das gebrochen wird von einer Stimme, die vom Kreuz herabkommt, aus dem gequälten Antlitz ihres sterbenden Sohnes. Es ist weit mehr als ein Familientestament: Es ist eine Offenbarung, die einen Wendepunkt im Leben der Mutter bedeutet. Jene endgültige Loslösung im Tod ist nicht fruchtlos, sondern sie birgt eine unvermutete Fruchtbarkeit in sich, der Niederkunft einer Mutter ähnlich, genau wie Jesus selbst wenige Stunden zuvor, am letzten Abend seines irdischen Daseins, verkündet hatte: »Wenn die Frau gebären soll, ist sie bekümmert, weil ihre Stunde da ist; aber wenn sie das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an ihre Not über der Freude, daß ein Mensch zur Welt gekommen ist«.[38]

    * * *

    Maria wird wieder zur Mutter: Nicht umsonst steht in den wenigen Zeilen des biblischen Berichts fünfmal das Wort »Mutter«. Maria wird also wieder zur Mutter, und ihre Kinder werden all diejenigen sein, die so sind wie der »Jünger, den Jesus liebte«, das heißt all diejenigen, die sich unter den Schutzmantel der erlösenden göttlichen Gnade stellen und die Christus im Glauben und in der Liebe nachfolgen.

    Von jenem Augenblick an wird Maria nicht mehr allein sein, sie wird zur Mutter der Kirche werden, zur Mutter eines unermeßlich großen Volkes aus allen Sprachen, Völkern und Nationen, das durch alle Jahrhunderte hindurch mit ihr dichtgedrängt beim Kreuz Christi, ihres Erstgeborenen, stehen wird. Auch wir gehen von jenem Augenblick an mit ihr auf den Wegen des Glaubens, befinden uns mit ihr zusammen in dem Haus, in dem der Geist des Pfingstfestes weht, nehmen an dem Tisch Platz, wo das Brot der Eucharistie gebrochen wird und warten auf den Tag, an dem ihr Sohn zurückkehren wird, um uns wie sie in seine ewige Herrlichkeit zu führen.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Fac me tecum pie flere,
    Crucifixo condolere,
    donec ego vixero.
    ________________________________________
    [38] Johannes 16,21.


    DREIZEHNTE STATION
    Jesus stirbt am Kreuz

    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas. 23, 44-47

    Es war etwa um die sechste Stunde, als eine Finsternis über das ganze Land hereinbrach. Sie dauerte bis zur neunten Stunde. Die Sonne verdunkelte sich. Der Vorhang im Tempel riß mitten entzwei, und Jesus rief laut: »Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist«. Nach diesen Worten hauchte er den Geist aus. Als der Hauptmann sah, was geschehen war, pries er Gott und sagte: »Das war wirklich ein gerechter Mensch«.

    BETRACHTUNG

    Zu Beginn unseres Weges umhüllte der Schleier der Nacht Getsemani; jetzt legt sich die Dunkelheit einer Sonnenfinsternis wie ein Leichentuch über Golgotha. Die »Macht der Finsternis«[39] scheint also über den Ort zu herrschen, an dem Gott stirbt. Ja, der Sohn Gottes muß, um wahrhaft Mensch und unser Bruder zu sein, auch den Kelch des Todes trinken, jenes Todes, der der wirkliche Identitätsbeweis aller Kinder Adams ist. So macht Christus sich »in allem seinen Brüdern gleich«,[40] so wird er ganz und gar einer von uns, ist er bei uns auch in jener äußersten Agonie zwischen Leben und Tod, der Agonie, die sich vielleicht auch in diesen Minuten für einen Mann oder eine Frau hier in Rom und in vielen anderen Städten und Dörfern der Welt wiederholt.

    Es ist nicht mehr der griechisch-römische Gott, unerschütterlich und weit entfernt wie ein in den goldenen Himmel seines Olymps verbannter Herrscher. Im sterbenden Christus offenbart sich jetzt der leidenschaftliche Gott, der seine Geschöpfe so sehr liebt, daß er sich freiwillig in ihren Grenzen des Schmerzes und des Todes gefangennehmen läßt. Daher ist der Gekreuzigte ein allgemeingültiges menschliches Zeichen der Einsamkeit des Todes und auch der Ungerechtigkeit und des Bösen. Aber er ist auch ein allgemeingültiges göttliches Zeichen der Hoffnung für die Erwartungen eines jeden Hauptmanns, also eines jeden unruhigen und sich auf der Suche befindlichen Menschen.

    * * *

    Jesus hört nämlich auch dort oben, während er am Kreuz stirbt und sein Atem erlischt, nicht auf, der Sohn Gottes zu sein. In jenem Augenblick ist alles Leid und jeder Tod durchdrungen und beherrscht von der Gottheit, erleuchtet von der Ewigkeit, wird ein Same unsterblichen Lebens in sie hineingelegt, leuchtet in ihnen ein Funke göttlichen Lichts.

    Obgleich der Tod seine Tragik nicht verliert, zeigt er also ein unvermutetes Gesicht, hat er die Augen des himmlischen Vaters. Daher betet Jesus in der Todesstunde liebevoll: »Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist«. Diesem Gebet schließen auch wir uns an durch die poetischen und betenden Worte einer Schriftstellerin:[41] »Vater, deine Finger schließen auch mir die Augenlider. / Du, der du mir Vater bist, wende dich mir auch zu wie eine zärtliche Mutter / am Bett ihres träumenden Kindes. / Vater, wende dich mir zu und schließe mich in deine Arme«.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Vidit suum dulcem Natum
    morientem desolatum,
    cum emisit spiritum.
    ________________________________________
    [39] vgl. Lukas 22,53
    [40] Hebräer 2,17.
    [41] MARIE NOËL, Les chansons et les heures (1920).


    VIERZEHNTE STATION
    Jesus wird ins Grab gelegt

    V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
    L/. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

    Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas. 23, 50-54

    Damals gehörte zu den Mitgliedern des Hohen Rates ein Mann namens Josef, der aus der jüdischen Stadt Arimathäa stammte. Er wartete auf das Reich Gottes und hatte dem, was die anderen beschlossen und taten, nicht zugestimmt, weil er gut und gerecht war. Er ging zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu. Und er nahm ihn vom Kreuz, hüllte ihn in ein Leinentuch und legt ihn in ein Felsengrab, in dem noch niemand bestattet worden war. Das war am Rüsttag, kurz bevor der Sabbat anbrach.

    BETRACHTUNG

    Eingehüllt in das Leinentuch, das »Grabtuch«, gleitet der gekreuzigte und gequälte Leib Jesu langsam aus den barmherzigen und liebevollen Händen Josefs von Arimathäa in das Felsengrab. In den Stunden der Stille, die folgen werden, wird Christus wirklich wie alle anderen Menschen sein, die in den dunklen Schoß des Todes, der Leichenstarre, des Endes vordringen. Und dennoch wird in jener Abenddämmerung des Karfreitags bereits eine Erschütterung spürbar. Der Evangelist Lukas bemerkt, daß bereits »der Sabbat anbrach« und seine Lichter in den Fenstern der Häuser von Jerusalem aufleuchteten.

    Die Nachtwache der Juden in ihren Wohnungen wird gleichsam zum Symbol des Wartens jener Frauen und jenes heimlichen Jüngers Jesu, Josef von Arimathäa, und der anderen Jünger. Ein Warten, das jetzt mit einem anderen Klang jedes gläubige Herz erfüllt, wenn es vor einem Grab steht oder auch wenn es spürt, wie sich die kalte Hand der Krankheit oder des Todes in seinem Innern immer mehr ausbreitet. Es ist das Warten auf einen neuen Morgen, auf jenen Morgen, der in wenigen Stunden, wenn der Sabbat vorbei ist, vor unseren Augen, den Augen der Jünger Christi, anbrechen wird.

    * * *

    In jenem Morgenrot wird uns auf der Gräberstraße der Engel entgegenkommen und wird zu uns sagen: »Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden«.[42] Und auf dem Weg der Rückkehr zu unseren Häusern wird dann der Auferstandene zu uns kommen, wird mit uns gehen und bei uns eintreten, um an unserem Tisch zu Gast zu sein und das Brot mit uns zu brechen.[43] Dann werden auch wir beten, mit den gläubigen Worten aus der wunderbaren Matthäuspassion, die von einem der größten Musiker der Menschheit in Musik und Gesang gesetzt wurde:[44]

    » Wiewohl mein Herz in Tränen schwimmt,
    Daß Jesus von mir Abschied nimmt,
    So macht mich doch sein Testament erfreut:
    Sein Fleisch und Blut, o Kostbarkeit,
    Vermacht er mir in meine Hände.

    Ich will dir mein Herze schenken,
    Senke dich, mein Heil, hinein!
    Ich will dich in mir versenken;
    Ist dir gleich die Welt zu klein,
    Ei, so sollst du mir allein
    Mehr als Welt und Himmel sein«.

    Alle:
    Pater noster, qui es in caelis
    sanctificetur nomen tuum;
    adveniat regnum tuum;
    fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
    Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
    et dimitte nobis debita nostra,
    sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
    et ne nos inducas in tentationem;
    sed libera nos a malo.

    Quando corpus morietur,
    fac ut anime donetur
    paradisi gloria. Amen.
    ________________________________________
    [42]Lukas 24, 5-6.
    [43]vgl. Lukas 24, 13-32.
    [44]JOHANN SEBASTIAN BACH, Matthäuspassion, BWV 244, Nr. 18-19.


    Der Heilige Vater richtet das Wort an die Anwesenden.

    Am Ende der Rede erteilt der Heilige Vater den Apostolischen Segen:

    V/. Dominus vobiscum.
    R/. Et cum spiritu tuo.

    V/. Sit nomen Domini benedictum.
    R/. Ex hoc nunc et usque in sæculum.

    V/. Adiutorium nostrum in nomine Domini.
    R/. Qui fecit cælum et terram.

    V/. Benedicat vos omnipotens Deus,
    Pater, et Filius, et Spiritus Sanctus.
    R/. Amen.

    © Copyright 2007 – Libreria Editrice Vaticana

    [Modificato da @Andrea M.@ 06/04/2007 13.03]

    [Modificato da @Andrea M.@ 06/04/2007 13.04]

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    benedetto.fan
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    Utente Junior
    00 06/04/2007 15:14

    schade, den CASTEL GANDOLFO-thread scheint's nicht mehr zu geben, daher setze ich diese meldung mal hier rein, gehört ja irgendwie zu ostern:



    06/04/2007 13.42.19

    Vatikan: Papst macht Kurzurlaub nach Ostern

    Papst Benedikt XVI. gönnt sich nach Ostern einige Tage Erholung. Nach dem traditionellen Segen „Urbi et orbi“ („Der Stadt und dem Erdkreis“) am Ostersonntag reist das Kirchenoberhaupt nachmittags in den südöstlich von Rom gelegenen päpstlichen Sommersitz Castelgandolfo. Am 14. April, zwei Tage vor seinem 80. Geburtstag, will Benedikt XVI. wieder in den Vatikan zurückkehren.
    Am Ostermontag sind zum Mittagsgebet Pilger und Besucher in den Hof der Papstresidenz in Castelgandolfo eingeladen. Am Mittwoch kommt Benedikt XVI. für wenige Stunden in den Vatikan, um die wöchentliche Generalaudienz auf dem Petersplatz zu halten.
    Nach dem Ende des Kurzurlaubs steht für den Weißen Sonntag eine Festmesse im Vatikan zum 80. Geburtstag des Papstes an. Am Geburtstag selbst, dem 16. April, findet zu Ehren von Benedikt XVI. ein Konzert des Südwestrundfunks in der vatikanischen Audienzhalle mit Werken von Mozart und Dvorak statt.
    (kna 06.04.2007 gs)

    www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=127039
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    Jil
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    Utente Senior
    00 06/04/2007 16:44
    Sehr kluge Entscheidung, wie schön, daß unser Papst sich eine Auszeit nimmt. Die hat er nach den anstrengenden Osterfeierlichkeiten aber wirklich verdient.
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    benedetto.fan
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    Utente Junior
    00 06/04/2007 16:58
    Re:

    Scritto da: Jil 06/04/2007 16.44
    Sehr kluge Entscheidung, wie schön, daß unser Papst sich eine Auszeit nimmt. Die hat er nach den anstrengenden Osterfeierlichkeiten aber wirklich verdient.



    jou, scheint wohl auch so eine tradition zu werden.
    ich erinnere mich noch gut ans letzte jahr - ich düse bestens gelaunt [SM=x40794] [SM=x40794] [SM=x40794] [SM=x40794] und ohne zu wissen, was mich da tatsächlich erwartet [SM=g27833] , am ostermontag nach CG und mein fotoapparat gibt seinen geist auf. grrrrrr, kein einziges bild vom angelus - ich kriege jetzt noch einen fön bei dem gedanken [SM=g27826] [SM=g27826] [SM=g27826] [SM=g27826] [SM=g27826] [SM=g27826] [SM=g27826]!


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    @Andrea M.@
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    00 07/04/2007 12:06
    Kreuzwegandacht 2007
    Kreuzwegandacht 2007 mit Benedikt XVI. beim römischen Kolosseum

    „Das ist der tiefe Sinn des Kreuzweggebets: unsere Herzen zu öffnen; uns zu helfen, mit dem Herzen zu sehen“

    ROM, 6. April 2007 (ZENIT.org).- Benedikt XVI. leitete am Karfreitag die traditionelle Kreuzwegandacht beim römischen Kolosseum. Zum Abschluss, wenige Minuten vor 23.00 Uhr, forderte der Papst in einer kurzen, spontan vorgetragenen Ansprache alle dazu auf, Boten der Liebe Gottes zu sein.

    Der Heilige Vater, der das Kreuz zweimal selbst getragen hatte, bat Gott, den Menschen ein „Herz von Fleisch“ zu geben (Ez 11,19), um an Leid und Elend in der Welt nicht achtlos vorüberzugehen, sondern sich der Mitmenschen anzunehmen.

    „Wir sehen nicht nur die Passion Jesu, sondern wir sehen alle, die in der Welt leiden müssen. Und das ist der tiefe Sinn des Kreuzweggebets: unsere Herzen zu öffnen; uns zu helfen, mit dem Herzen zu sehen.“

    Gefühllosigkeit und Herzenshärte hätten die Kirchenväter als „die größte Sünde der heidnischen Welt“ betrachtet, fuhr Benedikt XVI. fort. Eine Prophezeiung des Propheten Ezechiel habe sie deshalb besonders gefreut: „Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch“ (Ez 36,26).

    „Sich zu Christus bekehren, Christ werden will heißen, ein Herz von Fleisch zu empfangen, ein Herz, das das Leid und die Schmerzen der anderen wahrnimmt. Unser Gott ist kein ferner Gott, der in seiner Seligkeit unberührbar wäre. Unser Gott hat ein Herz, ja sogar ein Herz von Fleisch. Er hat Fleisch angenommen gerade um mit uns leiden zu können und uns in unserem Leiden zu begleiten. Er ist Mensch geworden, um uns ein Herz von Fleisch zu geben und in uns die Liebe für die Leidenden, die Bedürftigen zu wecken.“

    In diesem Sinn rief Benedikt XVI. die Anwesenden schließlich dazu auf, für alle Not leidenden Menschen in der Welt zu beten. „Wir bitten den Herrn, dass er uns wirklich ein Herz von Fleisch gibt, uns zu Boten seiner Liebe macht – nicht nur mit dem Wort, sondern mit unserem ganzen Leben. Amen.“

    Die meditativen Texte zu den 14, leicht abgeänderten Kreuzwegstationen stammten diesmal vom italienischen Bibelwissenschaftler Gianfranco Ravasi, dem Präfekten der Ambrosianischen Bibliothek und Pinakothek von Mailand. Während die Gedanken von Kardinal Joseph Ratzinger, des heutigen Papstes Benedikt XVI., vor zwei Jahren beziehungsweise die Ausführungen von Erzbischof Angelo Comastri, des jetzigen Erzpriesters des Petersdoms, im vergangenen Jahr um die traditionellen Kreuzwegstationen gekreist waren, ging Msgr. Ravasi unter anderem stärker auf die Verleugnung Jesu durch Petrus (vierte Station), die Verheißung an den guten Schächer (elfte Station) oder die Szene des gekreuzigten Jesu, seiner Mutter Maria und seinem Lieblingsjünger Johannes (zwölfte Station) ein.

    Gegenüber „Radio Vatikan“ gewährte der Autor einen tieferen Einblick in sein Werk: „Der christlichen Theologie zufolge müssen wir Christus zutiefst als Bruder der Menschheit sehen. Vergessen wir nicht: Die Passion, wie die Evangelisten sie erzählen, gibt das gesamte dunkle Spektrum des Leidens wieder. Vom körperlichen Leiden über die Angst vor dem Tod, das Verlassenwerden durch die Freunde, den Verrat bis hin zu jenem letzten Moment des Schweigens Gottes. So wird Christus zu unserem Bruder auf allen Kreuzwegen, in allen Leiden der Menschheit, von denen ich einige in meinen Meditationen nenne.”

    Man dürfe aber auch nicht vergessen, „dass Jesus der Sohn Gottes ist, sogar dann, wenn er in die Finsternis des Grabes steigt. Und eben weil er Sohn Gottes ist, hinterlässt er im Tunnel unseres Schmerzes und unseres Todes einen Funken, einen Keim der Ewigkeit, des Lebens, der Hoffnung – einen Funken von Ostern eben.“ Aus diesem Grund seien Leiden und Tod nach der Passion Jesu Christi anders als davor.

    Zur zwölften Station schreibt P. Ravasi, dass sich die Mutter Jesu in dem Augenblick, in dem sie sich für immer von ihrem Sohn lösen muss, von neuem zu Mutter wird. Ihr „Schleier des Schweigens“ werde von einer Stimme gebrochen, „die vom Kreuz herabkommt, aus dem gequälten Antlitz ihres sterbenden Sohnes. Es ist weit mehr als ein Familientestament: Es ist eine Offenbarung, die einen Wendepunkt im Leben der Mutter bedeutet. Jene endgültige Loslösung im Tod ist nicht fruchtlos, sondern sie birgt eine unvermutete Fruchtbarkeit in sich, der Niederkunft einer Mutter ähnlich, genau wie Jesus selbst wenige Stunden zuvor, am letzten Abend seines irdischen Daseins, verkündet hatte: ‚Wenn die Frau gebären soll, ist sie bekümmert, weil ihre Stunde da ist; aber wenn sie das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an ihre Not über der Freude, dass ein Mensch zur Welt gekommen ist.‘

    Maria werde also wieder Mutter, „und ihre Kinder werden all diejenigen sein, die so sind wie der ‚Jünger, den Jesus liebte‘, das heißt all diejenigen, die sich unter den Schutzmantel der erlösenden göttlichen Gnade stellen und die Christus im Glauben und in der Liebe nachfolgen.“

    Zu den „Kreuzträgern“ gehörten neben Papst Benedikt XVI. (1. und 14. Station) und Kardinal Camillo Ruini (2. Station) zwei junge Menschen aus Angola beziehungsweise der Republik Kongo (in Vertretung des afrikanischen Kontinents), zwei Jugendliche aus China beziehungsweise Korea sowie zwei Franziskaner aus dem Heiligen Land (in Vertretung Asiens). Lateinamerika war ebenso vertreten wie der europäische Kontinent; für Europa trug eine römische Familie das Kreuz von der dritten bis zur fünften Station.
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    Jil
    Post: 843
    Registrato il: 29/11/2005
    Utente Senior
    00 07/04/2007 12:20
    n-tv-Umfrage
    n-tv hat eine Umfrage gestartet: Warum feiern wir Ostern: 83% wußten die Antwort "Auferstehung Christi", ca. 10 % sagten "Ende der Fastenzeit", was ja auch nicht verkehrt ist, und 5 % meinten "Ostern ist ein Germanisches Fest der Fruchtbarkeit"! Bei RTL Zuschauern hätte mich die Antwort nicht gewundert, aber hier vermute ich eher, daß es sich um ein paar Scherzkekse handelt.

    Den Kreuzweg gestern fand ich sehr ergreifend, gefiel mir noch besser als im letzten Jahr. Diesmal wurde meiner Meinung nach mehr Wert auf das Wort gelegt (sehr gute Sprecher) - 2006 waren eher die Bilder beeindruckender.

    benedetto-fan,
    aber du hast doch schon so viele schöne Bilder von Il Papa. Du willst doch unserem Stefano Sp. keine Konkurrenz machen? [SM=g27828]
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    Jil
    Post: 845
    Registrato il: 29/11/2005
    Utente Senior
    00 07/04/2007 15:28
    Via Crucis


    Hier gibt's mehr Infos zum gestrigen Kreuzweg.

    www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID6599322_,00.html


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    Jil
    Post: 846
    Registrato il: 29/11/2005
    Utente Senior
    00 08/04/2007 10:35
    Die Übertragung der Messe aus Rom hat gerade begonnen. [SM=g27811]
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