Eine Reise des Papstes nach Israel ist derzeit höchst fraglich
31. März 2007
Ein komplizierter Knoten der Rechtstaatlichkeit
Mit Chuzpe und Eklats, heißt es da, werde sich Papst Benedikt XVI. jedenfalls gewiss nicht zu jener Reise nach Jerusalem bewegen lassen
Von Paul Badde / Die Welt.
Rom (www.kath.net/Welt) Sehr kurzfristig hat eine hochrangige Delegation des Staates Israel, die am Donnerstag zu Gesprächen im Vatikan erwartet worden war, ihren Besuch abgesagt. Das Scheitern der Zusammenkunft erfolge nach Auskunft der israelischen Seite aus Gründen der „internationalen Politik“, hieß es am Donnerstag in einem kurzen Communique des vatikanischen Pressesaals. Der Heilige Stuhl habe dies „mit Bedauern“ zur Kenntnis genommen und hoffe auf einen neuen Termin „so bald wie möglich“. Das kann jedoch möglicherweise länger dauern.
Das letzte Gespräch auf dieser Stufe hatte nämlich vor fünf Jahren stattgefunden. Auch jetzt aber folgte der ungewöhnliche Schritt einer Serie geplatzter Termine und abgesagter Verabredungen, doch auf einer eher niedrigeren Ebene. Knackpunkt der immer wieder stockenden Verhandlungen sind hauptsächlich Detailfragen zum Artikel 10 § 2a jener „Grundsatzvereinbarung“ zwischen Israel und dem Vatikan, die am 30. Dezember 1993 von beiden Seiten unterzeichnet wurde und am 10. März 1994 in Kraft getreten ist.
Doch diese Kraft lässt immer wieder nach. Seit der Vatikan auf persönliche Initiative Johannes Paul II. mit diesem Schritt volle diplomatische Beziehungen mit Israel aufgenommen hat und ungeklärte Streitpunkte – die diese Beziehungen bis dahin verhindert hatten – späteren Verhandlungen und Vereinbarungen anheim stellte, sitzt der Teufel zwischen beiden Staaten wirklich im Detail.
Denn obwohl die bilateralen Beziehungen mit der Vereinbarung damals auf eine völlig neue Basis gestellt wurden (wofür der kleine Vatikanstaat das mächtige Israel völkerrechtlich anerkannte), stolpern die Verhandlungen immer über diesen Unterparagraphen, wo es heißt: „Der Heilige Stuhl und der Staat Israel wollen vertrauensvoll ein umfassendes Abkommen aushandeln, deren Lösungen für beide Seiten akzeptabel sind hinsichtlich unklarer, ungeregelter und strittiger Fragen, die Besitztümer sowie ökonomische und steuerliche Angelegenheiten der katholischen Kirche allgemein und der katholischen Gemeinden und Institutionen im Besonderen betrifft.“ Damit fangen die Probleme fast mit jedem Treffen immer neu an.
Denn im Heiligen Land kollidieren in diesem Paragraphen uralte Rechtstitel - die in der Kustodie der Franziskaner etwa seit der Kreuzfahrerzeit eifrig gehütet und verteidigt werden - mit neuen Ansprüchen und Begehrlichkeiten, die nicht selten Filetstücke Jerusalems oder anderer prominenter Orte betreffen.
Der winzige Paragraph umreißt den anhaltenden Konflikt also gleichsam in einer Nussschale. Die geplatzten Verhandlungen aber lassen jetzt nur einmal mehr etwas von der Rechtsunsicherheit vieler Christen und ihrer Gemeinschaften und Orden und Institutionen in Israel (seit 1948) und in Palästina (seit 1967) ahnen, die der Vatikan in diesen Endverhandlungen beilegen und versiegeln möchte.
Riesige Summen, die dabei auf dem Spiel stehen, stehen dem freilich in einem komplizierten Wirrwarr auch entgegen, und die Übermacht des Faktischen, mit Empfindlichkeiten auf beiden Seiten und Garantien, die Israel nicht geben will in einem Land, wo selbst die Knesset – das Parlament – auf einem Grundstück erbaut wurde, dessen Eigentümer das überaus reiche griechische Patriarchat ist, dessen Rechtstitel noch einmal tausend Jahre tiefer zurück in die Geschichte reichen.
Es ist ein komplizierter Knoten der Rechtstaatlichkeit, der da zu lösen ist. Oft gibt er die Folie für viele mindere Konflikte ab. Rund um den Vatikan werden deshalb wieder Stimmen laut, die schon die undiplomatische Initiative Johannes Paul II. für die Grundsatzvereinbarung vom 10. März 1994 für einen Fehler hielten. Mit Chuzpe und Eklats, heißt es da, werde sich Papst Benedikt XVI. jedenfalls gewiss nicht zu jener Reise nach Jerusalem bewegen lassen, auf die dort viele aus unterschiedlichen Gründen hoffen.